Umstrittener Unkrautvernichter : Das müssen Sie über Glyphosat wissen
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Dürfen Landwirte auch künftig noch Glyphosat verwenden? Bild: AFP
Was wird aus dem Herbizid Glyphosat? Wer benutzt es? Und was ist das eigentlich genau? Hier kommen Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was wird aus Glyphosat? Ob Landwirte in Europa den umstrittene Unkrautvernichter weiter verwenden dürfen, darüber berät an diesem Mittwoch der zuständige EU-Ausschuss in Brüssel. Ob er auch abgestimmt wird, ist noch offen. Hier kommen deshalb Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Was ist Glyphosat eigentlich?
Der Unkrautvernichter ist ein sogenanntes Total-Herbizid, er wirkt auf sämtliche grünen Pflanzen und hat damit ein so breites Spektrum wie kaum ein anderer herbizider Wirkstoff. Er blockiert ein Enzym, das Pflanzen zur Herstellung lebenswichtiger Aminosäuren brauchen, das aber auch in Pilzen und Mikroorganismen vorkommt. Wo Glyphosat auf Pflanzen gesprüht wird, wächst sprichwörtlich kein Gras mehr - und auch kein Kraut, Strauch oder Moos. Der wasserlösliche Wirkstoff wird über die Blätter aufgenommen und geht in alle Pflanzenteile, auch die Wurzel - was etwa für die Verwendung an Bahngleisen wichtig ist. „Glyphosat hat das größte Spektrum auf dem ganzen Markt“, sagt Thoralf Küchler, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Glyphosat (AGG), einem Zusammenschluss von sieben Glyphosat produzierenden Unternehmen.
Wo wird Glyphosat eingesetzt?
Glyphosat dominiert den Herbizid-Weltmarkt in der Menge, der Einsatzhäufigkeit und auch der Fläche. Auf rund 400 Millionen Hektar überwiegend landwirtschaftlich bewirtschafteter Fläche komme Glyphosat zum Einsatz, heißt es in einem Bericht des Marktforschungsunternehmens Kleffmann Group vom Juli. Zum Vergleich: Die landwirtschaftliche Fläche umfasst in Deutschland demnach 16,7 Millionen Hektar, in der EU 178 Millionen Hektar. „Der Wirkstoff hat eine extrem breite Zulassung und ist sehr preiswert“, sagt Horst-Henning Steinmann von der Universität Göttingen. „Das mengenmäßig größte Anwendungsfeld ist der Ackerbau.“ Große Bedeutung habe das Herbizid in Deutschland zudem im Wein- und Obstbau, bei Privatanwendern und Bundesbahn. Ackerflächen könnten vor oder kurz nach der Aussaat und nochmals nach der Ernte mit Glyphosat unkrautfrei gemacht werden. „Von der Zulassung her kann man es mehrfach im Jahr einsetzen“, erklärt Steinmann. „Das ist aber eher nicht die Regel.“ Diese Aussagen gelten für konventionelle Landwirtschaft. Generell glyphosatfrei ist der ökologische Landbau, egal in welchem Bereich.
Wer verkauft Glyphosat?
Der amerikanische Konzern Monsanto, der vor der Übernahme durch den deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer steht, entwickelte den Wirkstoff für die Unkrautvernichtung, im Jahr 1974 wurde er erstmals zugelassen. Monsanto vertreibt auf Glyphosat basierende Breitbandherbizide etwa unter dem Markennamen „Roundup“. Im Jahr 2000 lief das Patent auf die Substanz aus, seither wird Glyphosat von mehr als 40 weiteren Herstellern vertrieben. „Monsanto ist aber mit etwa 40 Prozent Marktanteil weiter Marktführer“, sagt Küchler. Der Konzern verkauft nicht nur Roundup, sondern auch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen (GVO) wie Mais und Soja, die Glyphosat tolerieren. Die Felder können damit auch dann noch behandelt werden, wenn die Pflanzen bereits ein Stück gewachsen sind.
Welche Mengen werden verkauft?
„Glyphosat-haltige Mittel sind die am häufigsten eingesetzten Herbizide“, sagt Küchler. Rund 850.000 Tonnen werden nach Schätzungen jährlich verkauft, 90 Prozent davon zum Einsatz in der Landwirtschaft. Die in Deutschland verkaufte Menge liegt seit 10 bis 15 Jahren bei etwa 5000 Tonnen, wie Küchler sagt. Ein Wachstumsmarkt sei derzeit vor allem der kombinierte Einsatz von resistenten Pflanzen und Glyphosat in Nord- und Südamerika. „In Asien beginnt das Thema erst Fuß zu fassen.“
Welche Folgen hat der Einsatz für die Umwelt?
Mit der nahezu vollständigen Vernichtung aller Kräuter und Gräser auf dem Acker sinke nicht nur die Zahl der Pflanzen stark, heißt es vom Umweltbundesamt (UBA). Dies entziehe allen an Ackerlebensräume gebundenen Arten wie Insekten und Feldvögeln großflächig die Lebensgrundlage. Ganze Nahrungsnetze könnten zusammenbrechen. „Mit circa 50 Prozent der Landesfläche stellen Agrarlandschaften einen Hauptteil unserer Landschaft dar, sie sind für die Artenvielfalt in Deutschland von großer Bedeutung“, heißt es weiter.