Blick in das neu eröffnete Galeria-Kaufhaus in Frankfurt. Bild: Frank Röth
Für den Warenhauskonzern hat sich die Lage wegen der Corona-Einschränkungen deutlich verschlechtert, sagt Finanzvorstand Guido Mager im Interview. Er fordert nochmal einen dreistelligen Millionenbetrag vom Staat.
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Herr Mager, Sie haben gerade erst Ihre neu gestalteten Galeria-Filialen eröffnet, die dem angeschlagenen Warenhauskonzern eine Zukunft garantieren sollen. Nun gilt dort überall 2G im wichtigen Weihnachtsgeschäft. Wird das Geld schon wieder knapp?
Wir waren wirklich auf einem sehr guten Weg. Unsere Strategie Galeria 2.0, die wir in Form der drei Showcase-Filialen und Verbesserungen von Logistik, Systemen und Prozessen im Oktober an den Start gebracht haben, funktioniert sehr gut. Das zeigen unsere Zahlen. Vor diesem Hintergrund haben wir trotz Corona im ersten Halbjahr 2500 neue Mitarbeiter eingestellt. Aber die hohen Inzidenzen, 3G im Nahverkehr, 2G im Einzelhandel, die Absage von Weihnachtsmärkten und verkaufsoffenen Sonntagen, führen wie der Handelsverband ja auch verdeutlicht hat, zu Frequenzverlusten von bis zu 50 Prozent in den Innenstädten. Das kommt einem Quasi-Lockdown mitten im Weihnachtsgeschäft gleich.
Sie haben schon 460 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bekommen. Über ein zweites Darlehen wurde immer spekuliert. Brauchen Sie mehr Geld vom Staat?
Wir haben aufgrund dieser erneuten Pandemiefolgen den Wirtschaftsstabilisierungsfonds um ein ergänzendes, verzinstes Darlehen gebeten. Diese Möglichkeit war in unserem Vertrag mit dem WSF im Falle weiterer Pandemiewellen schon immer vorgesehen. Der WSF ist ja genau für Fälle wie diesen geschaffen worden, das heißt für Pandemiefolgen, die das Unternehmen nicht zu verantworten hat.
Um welche Summe geht es?
Es steht und fällt mit der Frage, wie viel Umsatz uns aufgrund der neuen, harten Einschränkungen verloren geht. Wir gehen im Dezember von einem Umsatzrückgang um 40 Prozent aus und dieser Monat zählt wegen des entscheidenden Weihnachtsgeschäfts vom Umsatz her normalerweise für zwei Monate. Es stellt sich auch die Frage, wie lange diese Maßnahmen weitergehen. Dauert es bis Ostern und darüber hinaus? Die aktuellen Pandemieszenarien reichen bis zu einem Betrag von 220 Millionen Euro. Hoffentlich brauchen wir diese Summe nicht.
Sie sind sich sicher, dass der Antrag bewilligt wird?
Der Antrag ist am Wochenende gestellt worden. Wir erwarten eine wohlwollende Entscheidung noch in diesem Kalenderjahr. Wir sind wöchentlich im Kontakt und tauschen uns über Zahlen aus. Man war in Berlin nicht überrascht, dass uns als innerstädtischer Händler die Pandemiefolgen erneut besonders stark betreffen.
Wann zahlen Sie das Geld zurück?
Die 460 Millionen Euro haben eine Laufzeit bis 2026. Die Zinsen sind übrigens nicht gering, so dass der Staat mehr als die Darlehenssumme zurückbekommt.
Wie hoch sind die?
Über die gesamte Laufzeit bis 6,5 Prozent. Wir müssen auch für unsere Mitarbeiter alles tun, um abgesichert zu sein, deshalb dieser Antragsrahmen. Wenn das Geschäft wieder läuft, werden wir sehen, wie wir die finanzielle Last schnell runterfahren können. Es gibt auch andere Finanzierungsmöglichkeiten außer dem WSF, die wir dazu nutzen können, wenn die Pandemie hinter uns liegt.
Ein „Zugangskriterium“ des WSF lautet: „Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten dürfen nicht zur Verfügung stehen“. Hat sich Ihr Eigentümer René Benko also in Luft aufgelöst?
Im Gegenteil. Ohne die Signa würde es Galeria heute nicht mehr geben. Der Gesellschafter hat uns immer wieder mit hohen Millionenbeträgen unterstützt und leistet auch jetzt einen erheblichen Beitrag.
Finden Sie es fair, dass der Steuerzahler das Risiko des Geschäftsmodells Warenhaus trägt?
Der WSF ist genau für die Bewältigung solcher unverschuldeten Pandemiefolgen geschaffen worden. Die erneuten gesetzlichen Einschränkungen treffen uns im Weihnachtsgeschäft wieder besonders hart, obwohl der Handel eben kein Pandemie-Treiber ist. Im Gegenteil ist das Einkaufen im Warenhaus wegen der Großflächen, der vielen Ein- und Ausgänge und der erprobten Hygienekonzepte so sicher wie möglich. Wir sind ein großer Arbeitgeber mit rund 17.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen - 20.000 mit Tochtergesellschaften. Und wir sind systemrelevant für die deutschen Innenstädte. Wenn Warenhäuser schließen, schlägt das voll auf die Innenstädte durch - besonders auf mittlere und kleine. Wir wollen dazu beitragen, dass die Innenstadt wiederbelebt ist. Das ist Kern unserer Strategie. Dass wir das können, haben wir vor allem mit unseren neuen Prototypen gezeigt.