Landmaschinenhersteller Fendt : Wenn Chips 100 Mal teurer werden
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Glücklicherweise nicht in Russland investiert: Der Traktorhersteller Fendt hätte beinahe eine verhängnisvolle Entscheidung getroffen. Bild: dpa
Lieferketten, Krieg, Klimawandel – Fendt steht unter Dauerstress. Und Amerika nehmen sich die Allgäuer mit ihren Landmaschinen auch noch vor.
Christoph Gröblinghoff ist seit Jahrzehnten in der Landtechnik aktiv. Der Agraringenieur, in der Geschäftsführung des Allgäuer Traditionsunternehmens Fendt der Vorsitzende, hat schon alles erlebt, so war zu vermuten – und dann kam 2022. Gemessen an den Problemen, die sich vor dem Mittfünfziger auftürmen, wirkt der hemdsärmelige Fendt-Chef trotzdem relativ entspannt. Das liegt vor allem an den prall gefüllten Auftragsbüchern in Marktoberdorf. „Wir haben eine hohe Nachfrage. Sie liegt global 15 bis 20 Prozent höher als vor Corona und wird gepusht von den hohen Preisen für Agrarerzeugnisse“, sagt Gröblinghoff im Gespräch mit der F.A.Z.
Das ist die eine Seite. Die andere: Fendt, dieser Klassiker unter den deutschen Landmaschinenherstellern, muss aus seiner Position der Stärke heraus eine Reihe von Hürden nehmen. Zu den brüchigen Lieferketten, dem Krieg in der Kornkammer Ukraine, dem Klimawandel und der Elektrifizierung auf dem Acker kommt noch die Aufholjagd in Amerika, einem der attraktivsten, aber auch schwierigsten Märkte der Branche. Da sind viele Aufträge schön und gut, aber auch die Voraussetzung für all die Aufgaben, die Gröblinghoff anzugehen hat.
Fendt, vor mehr als 90 Jahren gegründet und seit Ende der 1990er-Jahre Teil des amerikanischen Agco -Konzerns, wird in diesem Jahr wahrscheinlich 21 500 Traktoren produzieren. „Vorausgesetzt, es gibt keine weiteren dramatischen Störungen der Lieferketten“, sagt Gröblinghoff, der das Unternehmen seit Anfang 2020 führt. Damit bewegt sich Fendt im Gleichschritt mit seiner Branche: Es wäre mehr drin gewesen, aber ein weiteres Rekordjahr, wie es anfangs erwartet worden war, ist außer Reichweite gerückt – also auch das Allzeithoch der deutschen Landmaschinenproduktion im vergangenen Jahr von 10,5 Milliarden Euro. Global lag das Marktvolumen bei mehr als 120 Milliarden Euro.
Ein Hersteller ohne „Systemrelevanz“
Derlei Zahlenspiele verbieten sich gerade. „Wir leiden massiv unter Problemen in unseren Lieferketten, das beansprucht uns am meisten“, sagt Gröblinghoff. Es ist ein Problem, das derzeit alle haben, aber in den Details wird die Dringlichkeit deutlich: „Halbleiter sind die Spitze des Eisbergs. Es gibt Chips, für die haben wir vor Corona 14 Euro gezahlt – heute sind dafür auf dem Spotmarkt 1400 Euro fällig.“ Gut möglich, dass Gas als Mangelgut demnächst dazukommen wird. „Das würde uns eine Zeit lang stressen“, sagt er. Fendt prüfe alternative Energiequellen, allerdings ließen sich diese nicht unter sechs Monaten realisieren. Was hinzukommt: „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht davon ausgehen, als systemrelevant eingestuft zu werden; genauso wenig unsere Zulieferer.“
Der Fendt-Chef rechnet in diesem Jahr mit Preiserhöhungen von rund 10 bis 15 Prozent, die er an seine Kunden weiterreichen muss. Immerhin: „Wir müssen und können die Mehrkosten in Form höherer Preise weitergeben, weil unsere Kunden zum Glück auch von hohen Agrarerzeugerpreisen profitieren.“