Elzbieta Bienkowska : EU-Kommissarin stellt Stahlbranche Staatshilfen in Aussicht
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EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska in ihrem Warschauer Büro Bild: Reuters
Im Gespräch mit der F.A.Z. äußert sich die Kommissarin für mehr Flexibilität bei den Beihilferegeln. Außerdem will sie China den Marktwirtschaftsstatus zuerkennen.
Die europäische Stahlindustrie erhält Unterstützung von der Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska. Die EU-Kommissarin hat sich im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z./Dienstagsausgabe) für staatliche Hilfen für europäische Stahlkonzerne ausgesprochen. „Wir müssen darüber diskutieren, ob wir bei der Beurteilung von staatlichen Hilfen nicht flexibler sein können“, sagte die Polin. Auf Basis der bestehenden Regeln sei die Europäische Kommission dazu gezwungen, Hilfen von Mitgliedstaaten für ihre Konzerne abzulehnen. Die Kommission müsse diese Praxis angesichts der schwierigen Lage der Stahlbranche zumindest in Frage stellen. Kritik äußerte Bienkowska an den Mitgliedstaaten. Sie hätte es zum einen versäumt, die von der Kommission vor langem vorgeschlagene Verschärfung der Instrumente zur Abwehr von Billigeinfuhren aus Drittländern zu verabschieden. Zum anderen trügen sie durch hohe nationale Steuern teilweise zu der schwierigen Lage vieler Stahlkonzerne bei.
Die europäische Stahlindustrie leidet schon seit Jahren unter Überkapazitäten. Die Lage hat sich für die Branche aber in jüngster Zeit noch einmal spürbar verschärft, weil es wegen der schwächelnden Wirtschaft auch Russland und allen voran China wachsende Überkapazitäten gibt. Nach Ansicht der europäischen Stahlbranche versuchen diese nun, ihre Überkapazitäten zu Dumpingpreisen, also zu Preisen unter den Herstellerkosten, in der EU abzustoßen. Die Einfuhr aus China ist nach Angaben der EU-Behörde in den vergangenen drei Jahren stark gestiegen. Der Preis einiger Produkte sei um bis zu 40 Prozent gesunken.
Die Kommission hat sich bisher schwer getan, Antworten auf die Klagen der Stahlhersteller in der EU zu finden. Sie hatte zuletzt zwar höhere Schutzzölle angekündigt. Ansonsten hat sie die betroffenen Unternehmen aber vor allem dazu aufgerufen, innovativer und energieeffizienter und damit auch wettbewerbsfähiger zu werden. Nach Ansicht von Bienkowska ist das zwar richtig. In vielen Fällen hatten die Unternehmen in Europa inzwischen aber die Grenzen dessen erreicht, was eine Modernisierung der Produktion bringen könne. „Wir können die Industrie nicht noch weiter pushen“, sagte die Polin. Die EU müsse deshalb auch über eine weitere Entlastung der Branche sprechen. „Dabei müssen auch die Belastungen durch den Emissionshandel ein Thema sein“, sagte Bienkowska weiter.
Bienkowska warnte davor, dass sich die Situation für die europäische Stahlbranche zum Ende des Jahres verschärfen dürfte. Dann werde die EU China den Marktwirtschaftsstatus zuerkennen müssen, wie beim Beitritt des Landes zur WTO vereinbart. „Wir haben gar keine Wahl, wenn wir keinen Handelskrieg wollen“, sagte sie. Zudem stehe China der Status nach Ansicht des Juristischen Dienstes der Kommission zu. Dann aber wäre es für die Kommission viel schwerer als bisher, Antidumpingzölle gegen China zu verhängen.