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Erstes Doppel-Interview : Deutsche Bank kritisiert Bundesregierung

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Die Doppelspitze der Deutschen Bank: John Cryan und Jürgen Fitschen haben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihr erstes gemeinsames Interview gegeben. Bild: Wolfgang Eilmes

Für die jüngsten Kursverluste an der Börse machen die beiden Deutsche-Bank-Chefs auch Berlin verantwortlich. Im Gespräch mit der F.A.Z. erklären sie, wieso.

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          In ihrem ersten gemeinsamen Interview machen die beiden Vorstandsvorsitzenden John Cryan und Jürgen Fitschen Berlin mitverantwortlich für das Misstrauen an den Märkten gegenüber der Deutschen Bank. Ein im vergangenen Jahr verabschiedetes Gesetz, mit dem die neuen Haftungsregeln für Anleihegläubiger umgesetzt wurden, spiele eine Rolle, sagten John Cryan und Jürgen Fitschen in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

          Weil die klassischen Anleihen deutscher Banken künftig in einer Schieflage zur Abdeckung von Verlusten herangezogen werden können, stufen Ratingagenturen diese Titel riskanter ein. Cryan kritisierte die Regierung für das Gesetz: „Sie hat zwar damit das Problem des Haftungskapitals gelöst, aber andere Probleme geschaffen.“ Das sei bislang nur in Deutschland so, „was uns international zu einem Sonderfall“ mache, sagte der Brite.

          Weniger relevant unter jüngeren Kunden

          Fitschen sagte: „Nationale Alleingänge bringen nichts.“ Ein weiterer Grund für das Misstrauen an den Finanzmärkten gegenüber der Deutschen Bank seien die Rechtsstreitigkeiten. Die größten Risiken aus Rechtsstreitigkeiten verortet Cryan in den Vereinigten Staaten. Die auch ins Gerede gekommenen Geschäfte mit russischen Aktien werfen seiner Ansicht nach „Fragen danach auf, wie wirksam unsere Systeme und Kontrollen sind“. Die Aufstellung der Bank in Russland werde genau überprüft.

          Zu Kursverwerfungen der Deutschen-Bank-Aktie war es Anfang Februar gekommen, als der Vorstand versichern musste, die Zinsen für besonders riskante Nachranganleihen, sogenannte Coco-Anleihen, bezahlen zu können. Die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit hält Cryan für absurd, weil die Bank von den Aufsehern gezwungen werde, sehr hohe Barmittel zu halten.

          Die Verunsicherung an den Märkten führte er auf die gesetzliche Vorgabe zurück, dass die Ausschüttung für die Coco-Anleihen aus den Rücklagen der HGB-Bilanz erfolgt. Die deutsche Rechnungslegung sei aber ausländischen Investoren nicht geläufig. Er räumte ein, dass es der Bank nicht gelungen sei, „die sehr technischen Aspekte klar und deutlich zu kommunizieren“.

          Cryan und Fitschen sehen keine Notwendigkeit, das Geschäftsmodell der Deutschen Bank grundlegend in Frage zu stellen, aber das Bekenntnis zum Heimatmarkt klingt heute prononcierter. „Die Deutsche Bank muss zu allererst in Deutschland verankert sein“, betonte Cryan.

          Weniger relevant unter jungen Kunden

          Die Bank habe allerdings unter jüngeren Kunden an Relevanz verloren und wolle zu einem Technologieführer werden. Internationale Kapitalmarktgeschäfte blieben eine Säule der Bank. „Das Investmentbanking samt Handel ist für uns unverzichtbar“, sagte Cryan, der eine Kapitalerhöhung auf absehbare Zeit grundsätzlich nicht ausschließen will, aus heutiger Perspektive aber nicht für notwendig hält.

          In den Vereinigten Staaten sei die Bank im Öl- und Gasgeschäft nicht stark engagiert. Deshalb seien die Risiken dort gering. Auch gehe die Bank kaum mehr Risiken im Bereich von hochverzinslichen Unternehmensanleihen ein.

          Das gesamte Interview mit den beiden Bank-Chefs ist ab 20 Uhr im E-Paper zu lesen oder in der Print-Ausgabe am Montag.

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