Weihnachtsbriefmarken : Weihnachtsmarken und christliche Symbolik
- -Aktualisiert am
Weihnachten im Jahr 2015: Post mit der jüngsten Festtagsmarke und einer Abbildung der St.Nikolaikirche in Oberndorf bei Salzburg Bild: dpa
Verzichtet die Post absichtlich auf christliche Symbolik? Die Antwort auf diese Frage fördert Spannendes zutage.
Briefmarken und ihre Motive sind ein Spiegel der Zeit, in der sie entstehen. Insofern ist die Frage eines Lesers, ob die Redaktion schon einmal der Frage nachgegangen sei, weshalb die Deutsche Post seit „drei bis vier Jahren“ bei der jährlich erscheinenden Weihnachtsbriefmarke auf die Abbildung christlicher Symbole verzichte, eine Nachfrage bei der Post wert. „Während bis dahin auf der Marke die Geburt Christi dargestellt wurde, meist in Kopie eines Altarbildes, ist seitdem jeder Hinweis auf die christliche Religion verschwunden“, schreibt der Leser. Die diesjährige Marke zum Beispiel zeige „ein erleuchtetes Gebäude, das wohl eine Kirche sein soll“. Doch der Turm trage kein Kreuz, sondern eine Kugel. „Schafft sich Deutschland auch auf diese subtile Weise ab?“, endet der Leserbrief besorgt – und wenig vorweihnachtlich.
Die Recherche ergibt zunächst, dass die Post mit Blick auf die Motive der allermeisten Briefmarken der falsche Ansprechpartner ist. „Herausgeber ist vielmehr der Bundesminister der Finanzen, der in einem festgelegten Verfahren unter Einbeziehung eines Programms und eines Kunstbeirats über die Motive entscheidet“, heißt es bei der Post in Bonn. Das betreffe auch die offiziellen Weihnachtsmarken mit Zuschlag, die vom Finanzministerium und in Absprache mit den Wohlfahrtsverbänden gestaltet werden.
„Im Übrigen ist es letztlich wohl Interpretationssache, denn viele, wenn nicht die allermeisten Betrachter werden eine ,Singende Kirchengemeinde‘ wie auch in den Vorjahren den ,Stern von Bethlehem‘ oder die ,Heiligen Drei Könige‘ vermutlich durchaus mit der christlichen Religion in Verbindung bringen“, glaubt man bei der Post. Und letztlich muss wohl jeder selbst entscheiden, ob diese Motive nicht doch in ihrem Kern Hinweise auf die christliche Religion sind – oder ob sie schon, bewusst oder unbewusst, für die Angehörigen einer Vielzahl von Religionen „weichgespült“ wurden.
Harsche Kritik an Gestaltung der Briefmarken
Trivial sind solche Fragen nicht. Denn auch auf den entsprechenden Informationsseiten des Finanzministeriums heißt es: „Die deutschen Briefmarken sollen Deutschland repräsentieren – doch was macht unser Land aus?“ Zur Beantwortung dieser Frage unterstützten den Bundesfinanzminister in der Tat sogar gleich zwei Gremien, in denen Politiker sitzen, aber auch Verwaltungsfachleute, Grafiker, Philatelisten (Briefmarkensammler) und Vertreter der Post: Der Programmbeirat macht sich Gedanken über die Themen der Briefmarken, prüft die Anregungen aus der Bevölkerung für neue Briefmarken und stellt eine Vorschlagsliste für die Neuerscheinungen eines Jahres zusammen.
Und der Kunstbeirat beurteilt die grafische Qualität der Entwürfe. Im Jahr 1954, so heißt es dort, wurde der Kunstbeirat zum ersten Mal einberufen – nachdem es harsche Kritik an der Gestaltung der Briefmarken der jungen Bundesrepublik gehagelt hatte. Rund 100 Grafiker kümmern sich derzeit um die Gestaltung der deutschen Briefmarken. Für jede neue Marke bittet das Finanzministerium sechs bis acht von ihnen, einen Entwurf abzugeben.
Weihnachts-Sondermarke für 92 Cent
Die aktuelle Weihnachtsmarke wiederum wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Michael Meister Ende November in der Notunterkunft für Flüchtlinge der Berliner Stadtmission vorgestellt. Zentrales Motiv der diesjährigen Weihnachtsmarke ist das Lied „Stille Nacht“. Und es handelt sich auch nicht um irgendein erleuchtetes Gebäude. Vielmehr ist auf der Weihnachtsmarke, die von der Hamburger Grafikerin Greta Gröttrup illustrierte wurde, die alte, verschneite St. Nikolaikirche in Oberndorf bei Salzburg angedeutet, in welcher die Kirchengemeinde das Lied „Stille Nacht“ singt.
Das Lied sei am 24. Dezember 1818 in dieser Kirche uraufgeführt worden. Der damalige Hilfspriester der neuerrichteten Pfarrei St. Nicola in Oberndorf, Josef Mohr, hatte den Organisten Franz Gruber gebeten, das von ihm verfasste Gedicht mit einer hierauf passenden Melodie für zwei Solostimmen samt Chor und, da die Orgel in der Kirche defekt war, mit Gitarrenbegleitung zu vertonen. „Gruber überreichte am 24. Dezember 1818 dem musikkundigen Mohr seine Komposition. Da diesem das Lied gefiel, wurde es im Rahmen der Christmette gesungen. Am Ende der Weihnachtsmette gab es allgemeinen Beifall“, heißt es in der Einladung zur Vorstellung der Briefmarke weiter. Inzwischen habe das Lied „Stille Nacht“ längst die Welt erobert und sei in mehr 300 Sprachen und Dialekte übersetzt worden.
Kaufen und aufkleben kann man die Marke sowieso mit dem besten christlichen Gewissen. Zum einen erhalten die Sonderbriefmarken zu Weihnachten seit dem Jahr 2008 ein „Pluszeichen“. Mit diesem Signet will das Bundesministerium der Finanzen ein Zeichen für das Ehrenamt setzen. Zudem unterstützt die Spende beim Briefmarkenkauf den gesellschaftlichen Zusammenhalt: Denn 92 Cent kostet die Weihnachts-Sondermarke 2015 mit „Pluszeichen“, davon gehen jeweils 30 Cent in gemeinnützige Projekte. Der Erlös aus dem Porto-Plus der Weihnachtsbriefmarken summierte sich in den vergangenen fünf Jahren auf rund 8 Millionen Euro.