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Aufbereitung alter Geräte : Ein zweites Leben für Laptop und PC

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Beim Computerrecycler AfB arbeiten auch viele Menschen mit Behinderung. Bild: dpa

Nachhaltigkeit und Recycling sind „in“. Auch Computer werden immer seltener zerstört und stattdessen aufbereitet und weiterverkauft.

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          Alle drei bis vier Jahre tauschen große Konzerne und Verwaltungen ihre Laptops und PCs aus: Tausende Geräte, von denen manche früher aus Unsicherheit über den Umgang mit den Daten mit geschredderter Festplatte im Müllcontainer landeten. Inzwischen sind die professionelle Datenlöschung, die Aufarbeitung der gebrauchten Rechner und der Verkauf an Privatkunden oder Händler aber salonfähig und zu einer eigenen Branche mit zweistelligen Wachstumszahlen geworden. Ein großer Anbieter, die Ettlinger Firma AfB, beschäftigt dabei auch Menschen mit Behinderung. Vor kurzem bekam das Unternehmen in Essen den Effizienzpreis 2015 des Landes Nordrhein-Westfalen, wo sie vier Standorte hat.

          Mit mehr als 230.000 verkauften Gebraucht-PCs, Monitoren, Laptops und kleineren IT-Geräten 2014 liegt die AfB bei einem Marktanteil von zehn Prozent in Deutschland, schätzt ihr Geschäftsführer Daniel Büchle. Für das laufende Jahr peilt Büchle mit 253.000 verkauften Geräten rund 10 Prozent Wachstum an. Zudem will AfB die Mitarbeiterzahl von jetzt 200 langfristig auf bis zu 1000 steigern.

          Konkurrenten wie bb-net im fränkischen Schweinfurt und GSD aus der Nähe von München legen jährlich um 20 Prozent zu. „Wir erwarten auf absehbare Zeit weiter starkes Wachstum und hoffen auf eine Verdopplung des Umsatzes“, sagt bb-net-Gründer Michael Bleicher.

          Microsoft stellt günstige Lizenzen bereit

          Hintergrund des stürmischen Geschäftswachstums mit Gebrauchtrechnern ist der beinharte Konkurrenzkampf bei den Neugeräten. Die Margen sind hier so ausgereizt, dass der Händler nur wenige Prozent verdient, sagt ein Branchenkenner. Bei Gebrauchtrechnern seien es dagegen schon mal 30 Prozent. Technisch ist ein „zweites Leben“ für die Rechner inzwischen kein Problem mehr. Die Betriebssysteme verlangten beim Generationswechsel vielfach keine zusätzliche Rechnerleistung mehr. Ohnehin kämen die Geräte inzwischen meist größer dimensioniert auf den Markt und führen nicht mehr - wie früher - an der Kapazitätsgrenze, sagt GSD-Chef Ralf Schweitzer.

          Für die Kunden sind die Angebote verlockend. Kosteten gebrauchte Rechner früher bis zu 500 Euro, sind jetzt aufgearbeitete Marken-Notebooks ab 149 Euro und PCs ab 99 Euro zu bekommen. Dabei legen die Anbieter Wert darauf, dass sie die Gebrauchtgeräte nicht nur von Frühstückskrümeln befreien und ein wenig reinigen, sondern gründlich neu aufbauen und häufig auch mit neuen Tastaturen, stärkeren Speichern oder neuen Akkus versehen. Eine wichtige Rolle spielt das Angebot von Microsoft an große Aufbereiter, für die aufbereiteten Rechner neue Windows-Lizenzen zu sehr günstigen Preisen bereitzustellen. Im Gegenzug übergeben die Unternehmen Microsoft die Alt-Lizenzen zur Abschaltung.

          Ein gutes Geschäft - auch für die Umwelt

          Für die Umwelt ist die Wiederaufbereitung der Rechner ein gutes Geschäft. Sieben Millionen Kilogramm CO2-Äquivalente wurden nach einer Studie der TU Berlin allein durch die 230 000 Geräte eingespart, die AfB 2014 verkauft hat - so viel wie die Jahresemission von 2800 Autos.

          400 Unternehmen zählen zu den Kunden von AfB - darunter Dax -Werte und bekannte Unternehmen wie RWE , ThyssenKrupp , Siemens und Bertelsmann. RWE gibt seine nicht mehr benötigten Rechner, Smartphones, Drucker und Monitore im Gegenzug für die Datenlöschung kostenlos an die gemeinnützige AfB ab - allein 2014 mehr als 10.000 Geräte - und wirbt mit dem Nachhaltigkeitsprojekt als Beitrag zur Sicherung von Jobs für Menschen mit Behinderung.

          Etwa die Hälfte der 200 AfB-Mitarbeiter haben eine Behinderung. Für sie ist die Arbeit an den Rechnern eine große Chance. Tobias S. (27) aus Essen etwa, der wegen eines psychischen Problems sein Abitur abbrechen musste, fand in der Computer-Aufbereitung einen erfüllenden Beruf, wie er erzählt. Zuvor war er in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung hoffnungslos unterfordert. „Ich habe buchstäblich Schrauben sortiert und später Rohre geschliffen.“ Mit der neuen Arbeit lege er jetzt eine „Riesenentwicklung“ hin, sagt sein Ausbilder Matthias Schneider.

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