Nach Streit um Frauenquote : Motorenhersteller Deutz wirft seinen Chef raus
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Muss gehen: Frank Hiller Bild: Edgar Schoepal
Auch im Aufsichtsrat des Traditionskonzerns, der für seine Dieselmotoren bekannt ist, gibt es Bewegung. Vorangegangen war der Trennung ein Streit um die fehlende Frau im Vorstand.
Der Motorenhersteller Deutz tauscht überraschend seinen Vorstandsvorsitzenden aus. Frank Hiller werde mit sofortiger Wirkung abberufen, teile das Kölner S-Dax-Unternehmen am Samstagabend mit. Das habe der Aufsichtsrat einstimmig entschieden. In der Mitteilung des Motorenherstellers gibt es kein weiteres Wort des Abschieds zu Hiller.
An seine Stelle rückt der Finanzvorstand Sebastian C. Schulte, der 43 Jahre alte Manager war erst im vergangenen Frühjahr zu dem Unternehmen gekommen, das im Jahr 1864 gegründet wurde und vor allem Dieselmotoren für Baumaschinen, Traktoren oder Boote baut. Schulte war mal Teil des Deutschland-Achters und trat auch bei Olympia an, jetzt übernimmt er bei Deutz das Ruder.
Zuvor war noch darüber spekuliert worden, ob der Aufsichtsratsvorsitzende Bernd Bohr seinen Platz räumen muss. Der frühere Kfz-Vorstand von Bosch zieht sich jedoch nur vom Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden zurück, an seine Stelle rückt der ehemalige Audi-Vorstand Dietmar Voggenreiter. Zwischen Vorstand und Aufsichtsrat war in den letzten Wochen ein Streit entbrannt über den Umgang mit dem zweite Führungspositionen-Gesetz, kurz FüPoG II, das im vergangenen Sommer in Kraft getreten ist. Das schreibt vor, dass börsennotierte und mitbestimmte Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern bei nächster Gelegenheit eine Frau in das Leitungsgremium berufen müssen. Deutz hat vier Vorstände, alle sind Männer. Zwei davon, neben Schulte noch der Entwicklungsvorstand Markus Müller, sind nicht einmal ein Jahr an Bord.
Vier Männer, keine Frau
Dass ebenjene Männer an die Spitze des Motorenherstellers berufen wurden, dessen rund 4500 Beschäftigte traditionsgemäß wegen der Produkte, die sie herstellen, auch überwiegend männlich sind, hatte intern für einige Diskussion gesorgt. Den Vorstand einfach mit einer Frau zu vergrößern, kommt bei einem Unternehmen mit rund 1,6 Milliarden Euro Umsatz eher nicht gut an, vor allem, da es im Jahr 2020 erst eine große Sparrunde gab, in deren Zug rund 1000 Stellen gestrichen wurden. „Der Aufsichtsrat hat zudem beschlossen, wieder eine Frau in den Vorstand zu berufen“, hieß es nun in der Mitteilung des Unternehmens am Samstagabend. Ein entsprechender Prozess dazu sei bereits aufgesetzt. Bis dahin übernimmt Schulte die Aufgaben des Finanzvorstands noch interimistisch.
Bohr, 65 Jahre alt und seit 2019 an der Kontrolleursspitze, galt manchen Medien zuvor schon als angezählt. Offenbar war aber das Vertrauensverhältnis im Unternehmen auch jenseits des Streits um die fehlende Frau im Vorstand zerrüttet. Bohr hat sich nun durchgesetzt, wenngleich er mit dem Tritt ins zweite Glied auf 40.000 Euro verzichtet, das ist die Grundvergütung für Aufsichtsräte bei dem Motorenhersteller, der Vorsitzende bekommt das Doppelte. Dafür bleibt er an Bord, anders als der 55 Jahre alte Hiller.
Wie hoch wird die Abfindung?
Dessen Vertrag war erst Anfang 2021 vom Aufsichtsrat um fünf weitere Jahre bis 2026 verlängert worden. Wie viel Abfindung dem geschassten Vorstandschef bei seinem Abgang nun zusteht, ist noch unklar. Im neuen Vergütungssystem, dem auf der Hauptversammlung 2021 von den Aktionären zugestimmt wurde, stehen freilich auch Malus- und Clawback-Regeln, die bei „schwerwiegenden, von der Gesellschaft im einzelnen darzulegenden Verstößen“ etwa gegen dienstvertragliche Pflichten dem Aufsichtsrat gestatten, Tantieme einzubehalten.
Das dürfte jedoch nur schwerlich durchzusetzen sein, auch wenn es auf der Sitzung des Motorenherstellers zwischen Aufsichtsrat und Vorstand am Samstag nach Informationen der F.A.Z. heiß hergegangen soll. Der normale Fall ist die „Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund“, nach § 626 BGB, wobei es im Normalfall die Restvergütung als Abfindung gibt. Bei Deutz ist allerdings eine Grenze von zwei Jahren eingezogen. Die Maximalvergütung für den Vorstandsvorsitzenden liegt laut Vergütungsbericht bei 2,8 Millionen Euro im Jahr. Mehr als die Hälfte der Vergütung setzt sich aber nicht aus dem Grundgehalt zusammen, sondern aus leistungsbasierten Faktoren wie der Umsatz- und Ergebnisentwicklung und erreichten Nachhaltigkeitszielen.