Neues Unesco-Weltkulturerbe : Wie die Orgelmusik vom Vertrauen in die Kirche profitiert
- -Aktualisiert am
Die Unesco, hat „die Tradition von Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland“ zum Weltkulturerbe erklärt. Bild: dpa
Die Geschäfte der deutschen Orgelbauern laufen wieder um einiges besser, als noch vor ein paar Jahren- Das liegt vor allem daran, dass die Kirche wieder angefangen hat, in die Tradition des Orgelbaus zu investieren.
Thomas Jann muss erst aus seiner Orgel herauskriechen. Der Anruf kommt zwar nicht völlig unerwartet, „aber die Arbeit geht vor“, sagt er. Der Orgelbaumeister aus Bayern hat zu tun, die Geschäfte laufen wieder. Gerade ist er in Teisnach, im Bayerischen Wald, die Orgel in der St. Margareta-Kirche soll „ausgereinigt werden“. Jann muss genau nachsehen, bevor er ein Angebot abgibt, schließlich hat er einen Ruf zu verlieren. Er ist nicht nur Orgelbauer, sondern Vorsitzender des Bundes Deutscher Orgelbaumeister.
So gefragt wie am Donnerstag war Jann noch nie. Da hat die Unesco, die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die kleine Handwerksgilde ins Rampenlicht gerückt und „die Tradition von Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland“ zum Weltkulturerbe erklärt. Seither ist sie Teil des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) kündigte an, die Modernisierung national bedeutsamer Orgeln und den Erhalt wertvoller Instrumente in diesem Jahr mit fünf Millionen Euro zu fördern. Orgelbaumeister Jann freut sich, dass seine kleine Branche so für kurze Zeit in den Fokus der Öffentlichkeit rückt.
Geschäfte laufen wieder deutlich besser
Grund zur Freude sei aber auch, dass die Geschäfte seit anderthalb Jahren wieder deutlich besser liefen, erzählt Jann. Davor habe es fünfzehn Jahre lang eine regelrechte Rezession gegeben. Kirchen seien geschlossen worden, die Kirche selbst habe sich neu formiert. Dieser Prozess sei nun abgeschlossen. „Die Kirche findet wieder Vertrauen zu sich selbst und investiert auch wieder.“ 400 Orgelbaubetriebe gibt es noch in Deutschland. Die Mehrzahl mit weniger als einer Handvoll Mitarbeiter. Ohnehin sei die Zahl der Beschäftigten in der Rezession von 2.500 auf 1.800 gesunken, sagt Jann. Größere Betriebe, die zwischen zehn und sechzig Mitarbeiter beschäftigen, gebe es in Deutschland etwa fünfzig.
Deutschland ist nach seinen Worten zwar nicht die einzige Orgelbauernation, aber eine mit der längsten Tradition und einem sehr vielseitigem Spektrum. Eine Barockorgel in Bayern sei anders als eine in Norddeutschland. Nach Darstellung der Unesco hat Deutschland mit 50.000 Orgeln sogar die höchste Orgeldichte der Welt. Dazu beigetragen hat nach Janns Worten die Tatsache, dass in Deutschland der Staat die Kirchensteuern eintreibe, die Kirche sei deshalb immer „relativ reich und relativ aktiv“ gewesen. Neue Kirchen und damit neue Orgeln werden zwar weiterhin kaum gebaut, aber die Investition in Restaurierungen und Umbauten nehmen zu. Zudem würden immer mehr Instrumente exportiert, vor allem nach Asien.
Die Preisspanne der Orgeln ist groß. Zwischen 2.500 Euro für eine tragbare Portative-Orgel und mehreren Millionen Euro für ein Dom-Instrument reicht das Angebot. Eine der größten Kirchorgeln der Welt plant gerade der Mainzer Dom. Nach Angaben des Bistums soll eine dreiteilige Anlage mit 206 Stimmen und mehr als 14.500 Pfeifen entstehen. Die Orgel wäre damit größer als die im Kölner Dom und in Deutschland nur von der Passauer Dom-Orgel übertroffen, der weltgrößten ihrer Art. In Mainz werden allerdings keine Orgelbauer aus Deutschland zum Zuge gekommen. Den Zuschlag für das Projekt im geschätzt mittleren einstelligen Millionenbetrag haben zwei Unternehmen aus der Schweiz und Österreich bekommen.