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Kritik am Vorstand : Regierung fordert Umbau der Deutschen Bahn

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Nicht nur viele Fahrgäste haben an der Deutschen Bahn etwas auszusetzen, auch die Politik macht Druck. Bild: dpa

Verspätungen, Zugausfälle und jetzt auch Kritik an teuren Beraterhonoraren – die Bahn hat Probleme, die Bundesregierung macht Druck. Der Konzern müsse grundlegend umgebaut werden.

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          Die Bundesregierung erwartet angesichts der anhaltenden Probleme bei der Deutschen Bahn eine grundlegende Reform des Staatsunternehmens. „Wir sind besorgt darüber, wie der DB-Vorstand das System Bahn fährt. Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Enak Ferlemann (CDU), der Zeitung „Welt am Sonntag“. „Die Bahn braucht eine Neustrukturierung. Wir erwarten, dass der Vorstand der Bundesregierung bis März ein entsprechendes Konzept vorlegt“, sagte Ferlemann, der parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist.

          „Erste Ergebnisse wollen wir bei einem Termin im Januar hören“, sagte Ferlemann. Es gebe unterhalb der Holding Aktiengesellschaften mit Vorständen und Aufsichtsräten, „die aneinander vorbei und zum Teil auch gegen die Interessen der anderen DB-Gesellschaften entscheiden“.

          Ferlemann macht auch Führungsfehler für Probleme verantwortlich. Die Managementebene unterhalb des Vorstands blockiere effiziente Führungsstrukturen. „Beschlüsse des Vorstands bleiben dort hängen und dringen nicht zu den Mitarbeitern durch, die sie umsetzen sollen. Und Kritik und Anregungen der Belegschaft schaffen es durch die Lehmschicht des mittleren Managements nicht bis an die Konzernspitze.“

          Kritik aus verschiedenen Parteien

          Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte der Zeitung, in den einzelnen Unternehmensteilen müsse „das Denken in Kästchen und Vorgärten aufhören“. „Hier müssen Strukturen innerhalb des integrierten Unternehmens neu gedacht werden“, sagte er.

          Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte, die Transportsparten zu bündeln, um Synergieeffekte zu erzielen: „Alles was rollt, gehört unter ein Dach.“ Nötig sei ein Neustart, auch im Bereich Infrastruktur: „Das zersplitterte Zuständigkeitschaos von Tochtergesellschaften wie DB Netz, DB Station und Service, DB Energie und DB Immobilien muss ein Ende haben.“

          Der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Oliver Luksic, warnte: „Das System Deutsche Bahn steht kurz vor dem Kollaps.“ Ohne radikale Maßnahmen werde Sie im kommenden Jahr die 20-Milliarden-Schuldengrenze durchbrechen.

          Erst am Samstag war in der Schweiz Kritik an der Deutschen Bahn laut geworden. Qualitätsmängel und zu wenig Investitionen bei der Deutschen Bahn AG führten zu Problemen auf einer der wichtigsten europäischen Routen, sagte der Chef des eidgenössischen Bundesamts für Verkehr (BAV), Peter Füglistaler.

          Zuvor schon hatte der Bundesrechnungshof kritisiert, dass beim Erhalt der Infrastruktur vieles falsch laufe und der Investitionsstau zunehme – trotz steigender Bundesmittel. Ein Sprecher der Bahn hatte diese Kritik der Rechnungsprüfer zurückgewiesen.

          Teure Beraterverträge

          Die Bahn habe von 2015 bis 2018 über eine halbe Milliarde Euro für externe Berater ausgegeben, meldet derweil die „Bild am Sonntag“. 2015 habe das Unternehmen rund 80 Millionen Euro an externe Berater gezahlt, 2016 rund 120 Millionen Euro und 2017 sogar 160 Millionen Euro, berichtet die Zeitung. In diesem Jahr dürften es über 150 Millionen Euro werden.

          Bahn-Chef Richard Lutz habe deshalb die Notbremse gezogen. Der Konzernvorstand habe für das kommende Jahr eine starke Reduzierung von Beratungskosten beschlossen, „die einen Budgetdeckel von 100 Millionen Euro“ vorsehe, zitierte die Zeitung einen Konzernsprecher.

          Torsten Herbst, FDP-Obmann im Verkehrsausschuss, kritisierte laut dem Bericht, dass sich „das Strategiedefizit im DB-Konzern“ nicht durch den Einkauf teurer Berater lösen lasse. Weder Vorstand noch Aufsichtsrat hätten „eine klare Vorstellung davon, was der Konzern zukünftig leisten soll und was nicht“. Angesichts der hohen Verschuldung des Unternehmens handele es sich um „Führungsschwäche“. Diese könnten „auch externe Berater nicht beheben.“

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