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Delivery Hero : Kuriere in Qatar warten weiter auf Gehalt

Die Zentrale von Delivery Hero in Berlin Bild: REUTERS

Zwei ehemalige Partnerunternehmen von Delivery Hero in Qatar haben Fahrer monatelang nicht bezahlt. Der Konzern setzt nun auf die Behörden vor Ort – die Gehälter selbst nachzahlen will er nicht.

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          Es geht dann doch alles ganz schnell, nachdem Malcolm von den Behörden in Doha festgenommen worden ist. Monatelang hatte der Mann aus Uganda auf das ihm versprochene Gehalt als Kurier für den Lieferdienst Talabat gewartet, eine Tochtergesellschaft des deutschen Lieferkonzerns Delivery Hero im Nahen Osten. Malcolm, der eigentlich anders heißt, beschwerte sich bei den lokalen Behörden. Die folgten allerdings lieber einem Hinweis seines Arbeitgebers, er sei nicht zur Arbeit erschienen. Für den Wanderarbeiter bedeutet das: Er muss zurück in die Heimat. Wenige Tage nach seiner Festnahme sitzt Malcolm im Flugzeug. Inzwischen ist er sicher in Uganda angekommen – doch den Lohn für seine Arbeit in Qatar hat er immer noch nicht erhalten.

          Maximilian Sachse
          Redakteur in der Wirtschaft

          Genau wie Malcolm haben wohl knapp 50 Kuriere für Talabat immer noch keinen Ausgleich für nicht gezahlte Gehälter erhalten. Die meist aus Afrika stammenden Wanderarbeiter lieferten über zwei Subunternehmen in der Hauptstadt Doha Essen für Talabat aus. Die F.A.Z. hatte Mitte Januar über die schlechten Arbeitsbedingungen für viele Talabat-Fahrer in Qatar berichtet und dabei schon einmal mit Malcolm gesprochen. Die Menschenrechtsorganisation Fair Square warf Delivery Hero in zwei Briefen vor, dass knapp 80 Fahrer der Subunternehmen Infinity Limousines und Infinity Delivery Services monatelang kein Gehalt erhalten hätten. Wer sich bei den Behörden beschwerte, sei in vielen Fällen abgeschoben worden. Delivery Hero bestätigte die Vorwürfe im Grundsatz.

          Das Berliner Unternehmen hat inzwischen in einem Brief an Fair Square auf die Vorwürfe geantwortet und seine Reaktion auf die Vorgänge in Doha geschildert. Der Brief liegt der F.A.Z. vor. 238 Infinity-Beschäftigte hätten auch für Talabat gearbeitet, heißt es darin. Eine interne Untersuchung habe ergeben, dass 48 dieser 238 Kuriere von den Vorgängen bei den ehemaligen Subunternehmen betroffen gewesen seien. Neben Verzögerungen bei den Gehaltszahlungen habe man aber nur „in geringem Maße“ physische Beweise für anderes Fehlverhalten gefunden. Dennoch sei der Vertrag mit den Infinity-Gesellschaften gekündigt worden, weil die Unternehmen gegen die Verhaltensregeln für Partnerunternehmen verstoßen hätten. Nach F.A.Z.-Informationen wollen die ehemaligen Subunternehmen Talabat deshalb sogar verklagen.

          Hoffen auf die Behörden in Qatar

          Die Ergebnisse der internen Untersuchung habe Talabat zudem an das zuständige Arbeitsministerium in Doha weitergeleitet, das seinerseits die Vorgänge untersucht. Delivery Hero hofft, dass die Behörden in Doha dafür sorgen, dass die geprellten Kuriere die Gehälter bekommen, die Infinity ihnen schuldet. Zudem haben sich sowohl Fair Square als auch Delivery Hero an die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen gewandt.

          Das Geld einfach selbst an die Kuriere zu überweisen ist indes für Delivery Hero keine Option. Das Unternehmen wolle keinen Präzedenzfall schaffen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Würde der Konzern die Gehälter selbst nachzahlen, könnten Partnerunternehmen künftig einfach kein Gehalt zahlen und darauf setzen, dass Delivery Hero einspringt. Fair Square hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass über das vorhandene System für Gehaltsnachzahlungen in Qatar Geld bei den schon abgeschobenen Männern landen kann.

          Delivery Hero will in diesem Jahr das erste Mal konzernweit einen Gewinn erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, kündigte der Konzern zuletzt an, 4 Prozent seiner Belegschaft in der Verwaltung zu entlassen. Das entspricht 156 Stellen. In Qatar setzt Talabat jetzt auf eine landesweite Kampagne, um Fahrer auf ihre Rechte aufmerksam zu machen. Es gebe eine Vielzahl an Möglichkeiten, um schlechte Arbeitsbedingungen bei Talabat oder den Behörden zu melden. Malcolm aus Uganda dürfte das allerdings kaum trösten.

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