Verschleierungs-Debatte : Das Geschäft mit Burkinis boomt
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Ein Model probiert in Zanettis Laden einen Burkini an. Bild: dpa
Trotz oder gerade wegen der Burkini-Debatte läuft das Geschäft mit der körperverdeckenden Bademode sehr gut. Selbst Nicht-Muslime greifen zu.
Frankreich und ganz Europa debattieren über den Burkini. Die Erfinderin des Kleidungsstücks, Aheda Zanetti, gab nun bekannt, dass sich das nicht negativ auf ihr Geschäft auswirke. Im Gegenteil: Die Online-Verkäufe seien um 200 Prozent gestiegen, sagt sie gegenüber der BBC. Die 49-jährige hat im Jahr 2004 die Burkinis erfunden und betreibt ein Geschäft in Australien. „Nur weil es verboten wird, heißt das ja nicht, dass Frauen aufhören es zu tragen“, sagt sie. Die Debatte habe die Aufmerksamkeit auf ihre Erfindung gerichtet. Sie bekomme seitdem verstärkt Anfragen von Nicht-Muslimen. Und das, obwohl der Anteil der Frauen anderen Glaubens schon vor den jüngsten Verboten bei rund 40 Prozent lag.
„Wir merken auf keinen Fall einen negativen Effekt durch das Verbot in Frankreich“, sagt auch Selim Aksoy, Inhaberin des Onlineshops „Aquasel“. In ihrem Onlinehandel mit Sitz in der Nähe Stuttgarts verkauft alle Arten von Bademode nach ganz Europa: Bikinis, Badeanzüge, Neoprenanzüge und eben auch Burkinis. Einen merkbaren Anstieg der Nachfrage hat sie durch das Verbot in Frankreich nicht bemerkt. „Die Verkäufe sind seit Jahren stabil am Wachsen“, sagt sie. „Das ist eine Bedarfssache.“
Zanetti glaubt, dass ihr jüngster Erfolg vor allem mit dem Aufsehen um den von ihr geprägten Begriff „Burkini“ zusammenhängt. Hautkrebs-Patienten hätten ihn zum Beispiel als gute Möglichkeit entdeckt, sich vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Seit 2008 habe ihre Firma über 700 000 Burkinis verkauft, davon 40 Prozent nach Europa. Insgesamt gingen auch über 40 Prozent aller ihrer Verkäufe an Nicht-Muslimas. „Die jüdische Gemeinde schätzt sie zum Beispiel“, sagte sie gegenüber Politico. „Ich habe Mormonen und Buddhisten gesehen, die meine Burkinis tragen. Oder Mütter, die sich nicht wohl fühlen wenn sie viel Haut zeigen.“
Auf die Frage, ob die Burkinis sie reich gemacht haben, antwortet sie: „Reich, mit dem Reiz die Bedürfnisse von Frauen zu erfüllen.“ Außerdem betont sie: „Ich habe den Burkini erfunden, um den Frauen Freiheit zu schenken, nicht um sie ihnen zu nehmen.“ Ihre ursprüngliche Intention war muslimischen Frauen die Möglichkeit zu geben, am Strandleben in Australien teilzuhaben. Sie habe sich beim Design unter anderem von einer Diskussion in Frankreich inspiriert gefühlt, in der es darum ging den Hidschab in Schulen zu verbieten. „In Frankreich wurde meine Erfindung missverstanden“, sagte Zanetti in einem Interview mit der New York Times. In Australien habe der Burkini muslimischen Mädchen und Frauen das Selbstvertrauen verschafft, Sport zu machen und schwimmen zu gehen. Es gibt dort sogar eine muslimische Rettungsschwimmerin, die im Burkini arbeitet.
Burkini-Erfinderin : Bademode hilft bei Integration
Auch in Europa kaufen Nicht-Muslime Burkinis
„Bei uns kaufen immer wieder Leute die sogenannten Burkinis, die keine Muslime sind“, bestätigt auch Aksoy von „Aquasel“. Diese Menschen interessierten sich hauptsächlich für die halbbedeckte Variante ohne Kapuze. Gründe seien zum Beispiel Hautprobleme, Narben oder Übergewicht. Ein weiterer wichtiger Abnehmer seien Kurhäuser und Kliniken, die ihren muslimischen Patienten dadurch Behandlungen im Wasser ermöglichen würden. In Berlin hat eine Sanitätshaus-Kette Burkinis im Angebot. Auch dort bestätigt eine Verkäuferin, dass ab und an Nicht-Muslimen Burkinis kaufen. „Deutsche Kundinnen nehmen es für den Türkei-Urlaub mit. Auch manche Schnorchler tragen den Zweiteiler zum Schutz gegen die Sonne.“
Bei den Burkinis handelt es sich um Ganzkörperbadeanzüge, die lediglich Gesicht, Hände und Füße unbedeckt lassen. Der Begriff ist eine Wortschöpfung Zanettis. Sie kombinierte die Begriffe Burka und Bikini. Von der viel diskutierten Burka unterscheidet sich der Burkini allerdings stark, da er das Gesicht unverschleiert lässt. „Es kommt nicht darauf an, warum man sich dazu entscheidet einen Burkini zu tragen“, sagt Zanetti. Der Strand sei doch für alle da. „Wir sind Frauen. Wir sollten tragen können, was auch immer wir wollen.“