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Corona-Impfstoff : Noch drei Monate warten auf Curevac

Schweizer Helfer: Novartis wird für Curevac produzieren. Bild: dpa

Mehr Tempo ist in Tübingen nicht in Sicht: Die neuen Virus-Varianten könnten die laufenden Studien bei Curevac beeinflussen. Den Anlegern scheint das nicht zu gefallen.

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          Wieder einmal schlechte Nachrichten, wieder einmal gerät die Impfkampagne ins Stocken, jetzt weil die Impfungen mit Astra-Zeneca ausgesetzt werden, weil mögliche schwere Nebenwirkungen geprüft werden. Könnte der Impfstoff von Curevac für Abhilfe sorgen? Kurzfristig wohl nicht. Man erwarte, dass eine Zulassung im zweiten Quartal möglich sei, bekräftigte ein Sprecher von Curevac. Franz-Werner Haas, der Vorstandschef des Tübinger Biotech-Unternehmens, hatte vor drei Wochen bei einer Anhörung vor dem Europa-Parlament den Mai in Aussicht gestellt.

          Susanne Preuß
          Wirtschaftskorrespondentin in Hamburg.

          Mit mehr Tempo ist definitiv nicht zu rechnen, da nützt auch die Tatsache nichts, dass Deutschland an Curevac mit 17 Prozent des Kapitals beteiligt ist. Im Gegenteil: Die Mutanten des Coronavirus könnten sogar zu einer weiteren Verzögerung führen, bestätigte der Curevac-Sprecher auf Anfrage. Im Augenblick ist Curevac in der Phase der Massentests, der sogenannten Phase 2B-/3-Studien. Dafür wird der Impfstoff mit dem Namen CVnCov an insgesamt 36.000 Probanden in Europa und Lateinamerika getestet. Seit Dezember habe man 20.000 Menschen geimpft, heißt es in Tübingen. „Und das geht jetzt in großen Schritten voran.“

          An der Börse deutlich hinter Biontech und Moderna

          Doch die Statistiker, die bei Curevac das Studien-Design verantworten, sind intensiv damit beschäftigt, die Auswirkung der Varianten im Blick zu behalten. Für die statistische Relevanz der klinischen Studie gibt es eine kritische Größe. Und inwieweit die Mutanten eine Ausweitung der Studie nötig machen könnten, ist offenbar noch nicht klar. Tatsache ist, dass anders als zum Start der Studie mittlerweile ein erheblicher Teil der Probanden nicht mit der ursprünglichen Variante des Coronavirus konfrontiert ist, gegen den Curevac den Wirkstoff CVnCoV entwickelt hat, sondern mit der britischen, der südafrikanischen oder der brasilianischen Mutante. Um das genau festzustellen, werde eine systematische Sequenzierung durchgeführt, heißt es bei Curevac.

          „Anfang bis Mitte des zweiten Quartals“ werde man die nötigen Daten für den Zulassungsantrag bei der europäischen Behörde EMA haben, wird gleichwohl versichert. Die Zulassung könne dann „sehr schnell“ erfolgen, so die Erwartung bei Curevac. Seit Anfang Februar leite man im Zuge eines rollierenden Verfahrens schon Daten aus präklinischen Studien an die EMA. Bei den Wettbewerbern habe es vom Antrag bis zur Erteilung der Zulassung vier bis sechs Wochen gedauert.

          An der amerikanischen Technologie-Börse Nasdaq, wo Curevac seit dem vorigen Sommer notiert ist, sind die Anleger offenbar nicht so begeistert von dem Zeitplan. Curevac liegt deutlich hinter Biontech und Moderna zurück, die ihren Impfstoff ebenfalls auf Basis der mRNA-Technologie entwickelt haben und als Erste in Amerika und Europa im Markt waren. Während der Curevac-Kurs Anfang Dezember seinen bisherigen Höchstwert mit 151,80 Dollar erreichte, pendelte er zuletzt zwischen 80 und 100 Dollar.

          CureVac NV

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          Ein robuster und preisgünstiger Impfstoff

          Curevac produziert selbst seit langem den eigenen Wirkstoff, hat allerdings bisher keine eigenen großen Kapazitäten, sondern musste mit Blick auf die nötigen Mengen mehrere Kooperationen abschließen. So plant der Chemiekonzern Bayer ein Werk in Wuppertal bis zum Herbst für die Produktion von Curevac-Impfstoff umzurüsten. Der schweizerische Pharmakonzern Novartis wird schon im zweiten Quartal mit der Produktion für Curevac beginnen, in einer neuartigen Hightech-Fertigungsanlage in Kundl in Tirol. Der Münchener Chemiekonzern Wacker startet in Amsterdam im Frühjahr mit der Auftragsproduktion und will bis Juli die Kapazität so erhöhen, dass im Jahr 100 Millionen Impfdosen hergestellt werden könnten. In einer ähnlichen Größenordnung baut Rentschler Biopharma im schwäbischen Laupheim Kapazitäten auf, um Curevac in der Massenproduktion zu unterstützen.

          Insgesamt werde man dieses Jahr 300 Millionen Dosen Impfstoff gegen Covid-19 produzieren können, heißt es von Curevac. Damit wird zunächst die EU beliefert. Es besteht eine Zusage über 225 Millionen Dosen und eine Option auf weitere 180 Millionen Dosen, allerdings über das Jahr 2021 hinaus. Zudem ist Curevac in Gesprächen für Lieferungen im Zuge der Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dabei geht es um Impfstoffe für ärmere Länder, die von den reicheren der insgesamt 190 an Covax beteiligten Länder bezahlt werden.

          Da die Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung schon seit 2015 an Curevac beteiligt ist, fühlt sich das Unternehmen dem Ziel verpflichtet, nicht nur für die reichsten Teile der Welt Impfstoff zur Verfügung zu stellen. Aus ebendiesem Grund wurde von vornherein darauf geachtet, dass ein robuster und preisgünstiger Impfstoff hergestellt wird. Stabilitätstests bezüglich der Temperatur, aber auch der Rüttelfestigkeit hätten sehr positive Ergebnisse gezeigt. Außerdem werde die Wirkung mit einer sehr niedrigen Dosierung erzielt.

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