Bettina Orlopp (Commerzbank): Ist es noch zeitgemäß, eine Frau hervorzuheben, nur weil sie im Vorstand eines großen Konzerns sitzt? Nein, ist es nicht. Dennoch ist die Tatsache, dass Bettina Orlopp, seit 2017 Personalvorstand bei der Commerzbank, immer noch eine Ausnahme zu sein scheint in den von Männern dominierten Konzernvorständen der Region, ein Beweis dafür, dass sich in den Unternehmen etwas ändern muss. Die ehemalige Unternehmensberaterin war vor zwei Jahren die erste Frau im Vorstand des 150 Jahre alten Finanzkonzerns, nächstes Jahr übernimmt sie das in Banken wichtige Ressort als Finanzvorstand. In Interviews wiederholte sie immer wieder, dass sich der Frauenanteil im Management der Commerzbank erhöhen solle. Das gilt für viele andere Unternehmen nicht minder. (ddt.) Bild: INTERTOPICS/STAR-MEDIA
Bettina Orlopp : Das ist die erste Frau im Vorstand der Commerzbank
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Bettina Orlopp heißt die erste Frau im Vorstand der fast 150 Jahre alten Traditionsbank. Sie soll Vertriebsleute und Wertpapierhändler bändigen und gleichzeitig einen Stellenabbau umsetzen – ein Balanceakt.
Ein Heft mit 62 Seiten Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zahlungsverkehr hat jeder Besitzer eines Commerzbank-Kontos gerade erhalten. Wer soll diesen Papierwust lesen? Bettina Orlopp lässt sich nicht aus der Reserve locken. Dazu sei die Commerzbank gesetzlich verpflichtet, erwidert sie in ihrem Vorstandsbüro im obersten Stock der Frankfurter Zentrale. Die Anregung, auf nur ein bis zwei Seiten die wichtigsten Änderungen kundenfreundlich zusammenzufassen, kontert Orlopp routiniert. Als Kreditinstitut bewege sich die Commerzbank „in einem sehr regulierten Umfeld. Aber alles, was wir innerhalb des gesetzlichen Rahmen vereinfachen können, werden wir tun.“
Die 46 Jahre alte Orlopp wirkt beherrscht und gelassen. Sie strahlt die natürliche Souveränität eines alten Hasen aus. Dabei ist sie gerade erst im November in den Vorstand der Commerzbank aufgerückt. Als erste Frau hat sie es in das Führungsgremium des fast 150 Jahre alten Kreditinstituts geschafft. Die Diplom-Kauffrau, die in Regensburg Betriebswirtschaft studiert hat, ist jetzt für Recht, Personal und Compliance und damit unmittelbar für mehr als 1000 Mitarbeiter und als Personalchefin des Konzerns sogar für fast 50.000 Mitarbeiter verantwortlich. Braucht es dafür nicht eine Juristin? „Ich lese gern“, sagt sie schmunzelnd. „Nicht nur Powerpoint-Präsentationen, auch Fließtexte.“ Leselust und Sitzfleisch seien hilfreich für ihren Job. Bis 2014 hat Orlopp als Partnerin von McKinsey Konkurrenten der Commerzbank beraten, etwa die Deutsche Bank nach dem Erwerb der Postbank. Daraufhin verpflichtete die Commerzbank die in Köln geborene und in München aufgewachsene Orlopp, damit sie eine Strategie für das Institut entwickelt. Sie forcierte etwa Beteiligungen und Kooperationen mit jungen Finanztechnikunternehmen.
Verweis auf laufende Ermittlung
Im Mai 2016 wurde Orlopp zur Generalbevollmächtigten für Personal, Recht und Compliance befördert. Daher gehen die eingangs genannten AGBs, mit denen Banken sich gegen alle möglichen Risiken abzusichern suchen, auf sie zurück. Auch hat sie Hunderte alter Rechtsfälle am Hals: etwa mit Privatkunden, die von ihrem Commerzbank-Berater womöglich falsch beraten wurden, als sie ihr Geld in verlustreichen Schiffsfonds versenkten.
Die staatliche Bankenaufsicht verlangt als eine Lehre aus der Finanzkrise, dass Banken die Kontrolle über die Einhaltung von Regeln und Gesetzen („Compliance“) einem Vorstandsmitglied direkt zuordnen. Deshalb blieb Compliance bei Finanzvorstand Stephan Engels angesiedelt, bis Orlopp wie seit Mai 2016 geplant zum Vorstand aufgerückt ist. Seit diesem Monat ist sie für Compliance voll verantwortlich. Orlopp wacht jetzt darüber, dass sich in der Commerzbank alle an die Regeln halten – eine verzwickte Aufgabe, bei der einen frühere Verfehlungen anderer schnell einholen können.
Kaum war Orlopp im Vorstand, war es so weit: Am 7. November durchsuchten Steuerfahnder die Zentrale und Privatwohnungen von (teils ehemaligen) Mitarbeitern. Sie sollen Aktiengeschäfte („Cum-Ex“) nur gemacht haben, damit die Bank mit falschen Steuergutschriften den Fiskus schädigen konnte. Die Bank beteuert, nach Cum-Ex-Geschäften selbst geforscht und den Prüfbericht den Behörden bereit gestellt zu haben. Warum rücken dann plötzlich unangemeldet Steuerfahnder an? Orlopp schweigt und verweist auf laufende Ermittlungen.