https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/claas-entkraeftet-vorwurf-der-sanktionstrickserei-18736493.html

Export nach Russland : Claas entkräftet Vorwurf der Sanktionstrickserei

  • -Aktualisiert am

Mähdrescher von Claas Bild: Wolfgang Eilmes

Claas wurde vorgeworfen, verbotene Teile in das Werk nach Russland zu schmuggeln. Der größte deutsche Landmaschinenhersteller sieht sich nach einer von ihm beauftragten Untersuchung entlastet.

          2 Min.

          Claas, der größte deutsche Hersteller von Landmaschinen, sieht sich von dem Vorwurf entlastet, er habe die Russland-Exportsanktionen unterlaufen, um sein russisches Werk in Krasnodar zu schützen und die Produktion dort nicht zu gefährden. Ein Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage erstmals, dem Unternehmen sei bescheinigt worden, die Produktion von Mähdreschern in der südrussischen Stadt stets sanktionskonform fortgesetzt und keine Embargovorschriften verletzt zu haben.

          Uwe Marx
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Nach Informationen der F.A.Z. war die international tätige Wirtschaftskanzlei Noerr damit beauftragt worden, Vorwürfen nachzugehen, die Anfang Dezember vergangenen Jahres in der Wochenzeitung „Die Zeit“ erhoben worden waren. Die Zeitung hatte – neben dem Paderborner Lokalsender Radio Hochstift – berichtet, dass Claas Einzelteile nach Krasnodar geliefert habe, die in komplexeren Komponenten versteckt gewesen seien, um Ausfuhrbeschränkungen systematisch zu umgehen.

          Es sei darum gegangen, eine Lücke in den Embargovorschriften auszunutzen. Einzelteile wie Keilriemen, Hydraulikzylinder, Schalldämpfer oder Stahlrohre könnten zudem nicht nur in Mähdreschern verbaut werden, sondern auch in Militärtechnik, etwa Transportfahrzeugen. Die kritischen Einzelteile seien in den Claas-Werken am Stammsitz in Harsewinkel oder in Paderborn gefertigt worden. In einem großen Mähdrescher des Unternehmens sind rund 50.000 Einzelteile verbaut.

          Vom Vorreiter zum Russland-Versteher?

          Das Unternehmen aus Westfalen hatte die Vorwürfe umgehend bestritten, danach aber eine defensive Informationspolitik betrieben. Unter der Firmenerbin Cathrina Claas-Mühlhäuser und dem Vorstandsvorsitzenden Thomas Böck galt die Devise: Wir müssen uns nicht offensiv gegen Vorwürfe wehren, die abwegig sind; das würde diesen zu große Bedeutung geben und das Unternehmen in eine nicht angemessene Verteidigungshaltung drängen. Mehr als der Hinweis, dass man nicht gegen geltende Gesetze verstoßen habe, war aus Harsewinkel nicht zu hören – stattdessen die Untersuchung durch Noerr. Dazu verpflichtet war Claas nicht. Konzern und Kanzlei nannten auch jetzt keine weiteren Details zu der Untersuchung.

          In mehr als 100 Jahren Unternehmensgeschichte hatte Claas im Ausland nie mehr investiert als in Krasnodar. Das Werk ist seit 2005 in Betrieb und hat fast 200 Millionen Euro gekostet. Galt diese erste russische Produktionsstätte eines ausländischen Landmaschinenherstellers anfangs als mutiger Schritt in einen Riesenmarkt, wuchs die Kritik mit jeder Eskalationsstufe Wladimir Putins. Claas wurde fortan zu viel Nähe zum russischen Präsidenten und Kriegsherrn nachgesagt. Aus einem Vorreiter der Branche war für Kritiker ein Russland-Versteher geworden.

          Mähdrescher nicht sanktioniert

          Claas, das im vergangenen Jahr auf einen Rekordumsatz von 4,9 Milliarden Euro kam, berief sich immer auf seinen Beitrag zur globalen Nahrungsmittelversorgung. Rund 20 Prozent des globalen Handelsvolumens von Weizen stammen aus Russland. Die EU, die USA und die G7 sind sich bislang einig, dass die umfangreichen Sanktionen gegen Russland aufgrund des Angriffs auf die Ukraine nicht auf den Handel und den Transport von Nahrungsmitteln abzielen. Die EU-Sanktionen gegen Russland etwa enthalten Ausnahmen für viele landwirtschaftliche und landtechnische Komponenten und Produkte. Auch der Export von Mähdreschern aus der EU nach Russland ist unverändert erlaubt.

          Es wurde vermutet, dass die kritische Berichterstattung über Claas von einem internen Informanten gefüttert worden war. Das Unternehmen hat diese Spekulation aber nie kommentiert. Für Claas arbeiten rund 12.000 Menschen.

          Weitere Themen

          Musk wieder reichster Mensch der Welt

          Milliardärsranking : Musk wieder reichster Mensch der Welt

          Mit einem geschätzten Vermögen von 192 Milliarden Dollar ist Elon Musk wieder der reichste Mensch der Welt – und überholt den Franzosen Bernard Arnault. Die reichste Frau landet im Ranking auf Platz 12.

          Topmeldungen

          Polizisten unterbinden Protest : Kein Plakat gegen Putin

          Eine Frau demonstriert am 9. Mai mit ihrer ukrainischen Freundin am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow gegen das Putin-Regime. Zwei Polizisten verhindern, dass sie ihr Anti-Russland-Plakat weiter zeigen kann.
          Wladimir Putin nimmt am 1. Juni online an einem Treffen mit Familien teil, die mit dem Orden für elterlichen Ruhm ausgezeichnet wurden.

          Angriffe auf Russland : Putin, der Präsident im Kokon

          Für Russlands Präsidenten häufen sich die schlechten Nachrichten. Er gibt sich unbeeindruckt. Doch sein Bild der Stärke bekommt immer mehr Risse.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.