Bundesweite Korruptionsrazzia : Haus und Büro von Middelhoff durchsucht
- -Aktualisiert am
Thomas Middelhoff Bild: AP
Mit einer bundesweiten Korruptionsrazzia hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen frühere Verantwortliche bei der ehemaligen Karstadt-Mutter Arcandor vorangetrieben. Auch das Kölner Büro des ehemaligen Arcandor-Chefs Thomas Middelhoff wurde durchsucht.
In einer abgestimmten Aktion haben Fahnder am Donnerstag Räume des früheren Arcandor-Vorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff und des Kölner Bauunternehmers Josef Esch durchsucht. Betroffen waren auch weitere frühere Manager des Kaufhauskonzerns sowie ehemalige Vorstandsmitglieder der Sparkasse Köln-Bonn.
Gegen Middelhoff richtet sich der Verdacht der Untreue. Er soll darauf verzichtet haben, Millionenansprüche von Arcandor/Karstadt bei Esch einzuklagen. Dieser soll über Fonds, die er gemeinsam mit dem Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim aufgelegt hatte, fünf Gebäude zu ungewöhnlich hohen Preisen an die Warenhauskette vermietet haben. In diesen Fonds hatte Middelhoff vor seinem Amtsantritt bei Karstadt auch Teile seines eigenen Privatvermögens angelegt. Außerdem soll er das anschließend beinahe in Insolvenz geratene Unternehmen durch zu freihändige Ausgaben unter anderem für Flugreisen geschädigt haben.
Ein Sprecher Middelhoffs bestätigte der F.A.Z., dass Privat- und Büroräume in Bielefeld und Köln durchsucht worden seien. Sein Verteidiger Sven Thomas zeigte sich betont gelassen: Es handele sich um die alten und unbegründeten Vorwürfe, wegen derer nun schon seit mehr als einem Jahr ermittelt werde. Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg hat kürzlich parallel dazu Klage gegen Middelhoff und weitere frühere Karstadt-Manager auf Schadensersatz in Höhe von 175 Millionen Euro eingereicht.
Die Verfahren gegen einstige Sparkassenmanager sowie den Bauunternehmer Esch zielen überdies in weitere Richtungen. Die Anklagebehörde in Köln umschrieb diese nur vage als mutmaßliche „Vermögens-, Korruptions- und Steuerdelikte“. Esch war kürzlich außerdem in juristische Schwierigkeiten geraten, weil die EU wegen angeblicher Verstöße gegen das Vergaberecht die Rückabwicklung der Mietverträge verlangt, die einer seiner Fonds mit der Stadt Köln über mehrere Messehallen geschlossen hat. Vor allem wegen der hohen Mieten macht die Messegesellschaft große Verluste.
Aber auch die Privatbank Sal. Oppenheim ist im Zusammenhang mit Esch ins Visier der Fahnder geraten: Die Kölner Strafverfolgungsbehörde hat zuletzt vor einem Monat Unterlagen über Kredite im Volumen von rund 680 Millionen Euro beschlagnahmt, die einige der früheren persönlich haftenden Gesellschafter zur Finanzierung ihrer eigenen Geschäfte von dem Geldhaus erhalten haben. Sie sollen zu marktunüblich günstigen Zinsen und zum Teil auch ohne ausreichende Sicherheiten vergeben worden sein. Mit diesem Geld sollen die Bankiers unter anderem persönlich für Darlehen der einstigen Milliardärin und Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz gebürgt haben. Einige der Gesellschafter sollen darüber hinaus größere Engagements in Oppenheim-Esch-Fonds über Kredite der Bank finanziert haben. Mitte dieses Jahres haben auch einige Altgesellschafter der Bank aus Familienstämmen, die nicht in Führungsgremien vertreten waren, Strafanzeigen gegen Ex-Bankiers erstattet. Eingeschaltet hat sich deshalb überdies die Finanzaufsichtsbehörde Bafin.
Ungewöhnlich an den Razzien am Donnerstag war, dass sich zwei Staatsanwaltschaften - nämlich die in Köln und in Bochum - abgestimmt hatten, um gemeinsam mehrere Wirtschaftsaffären zu untersuchen, die nur zum Teil miteinander verwoben sind. „Wir wollten damit vermeiden, dass einige Betroffene zweimal eine Durchsuchung ertragen müssen“, sagte ein Strafverfolger der F.A.Z.
Durchsuchungen habe es an neun Orten im Bundesgebiet gegeben, sagte ein Behördensprecher aus Bochum. Der Schwerpunkt habe dabei in Nordrhein-Westfalen gelegen.17 Objekte auch in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern nannte die Justiz in Köln. Insgesamt waren mehr als 200 Beamte im Einsatz.