Fußball in Deutschland : Die Bundesliga gerät im TV-Poker unter Druck
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Platzhirsch: Sky ist der wichtigste Medienpartner der Bundesliga. Bild: pixathlon / Agentur Diener
In der neuen Saison spielen die Profis auch für frische Fernsehmilliarden. Doch der Bieterwettbewerb mit Sky und Dazn weckt Zweifel.
Die torreichste Liga Europas, ein spannender Titelkampf und neue Stars – in der Eigenwerbung stellt sich die Fußball-Bundesliga schon mal in ein glanzvolles Licht. Ob alle diese Aussagen wirklich zutreffend sind, ist im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz relativ.
Gerade in dieser Saison müssen die deutschen Topklubs alles daran setzen, ein attraktives Produkt anzubieten, verschärft sich doch in den nächsten Monaten der Poker um die neuen Medienverträge. Gegen Schluss der Spielzeit wird nach der finalen Rechteauktion dann feststehen, welche wirtschaftlichen Perspektiven in Zukunft für die Vereine bestehen.
Es geht um die Finanzierung des Zeitraums zwischen 2021 und 2025. Die Branche hofft auf satte Zugewinne, doch erstmals ergeben sich konkrete Zweifel, dass die Rekordsteigerungen der Vergangenheit abreißen könnten. Damit würde die Bundesliga im Wettbewerb mit den Ligen in England, Spanien oder Italien stagnieren. „Wir wären zufrieden, wenn das Ergebnis mit etwas Aufschlag gehalten werden würde“, sagt der Vertreter eines größeren Bundesligaklubs. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen.
Der Medien-Deal ist ein heikles Feld. Es geht um viel Geld und die Prosperität der Klubs. Zudem ist das Bundeskartellamt in den Ablauf mit eingebunden. Seit dem Jahr 2009 wuchsen die Einnahmen aus drei Auktionen von 412 Millionen Euro über 628 Millionen und zuletzt fast 1,2 Milliarden Euro je Saison. Die Vergabe im Jahr 2016 für die vier Spielzeiten zwischen 2017/18 bis 2020/21 ergab ein Plus von 85 Prozent.
„Netflix des Sports“
Vor allem die Rechte an den Liveübertragungen sind die Werttreiber. Der Pay-TV-Sender Sky legte 2016 fast doppelt so viel auf den Tisch und überweist der Liga derzeit jede Saison 876 Millionen Euro – aber für weniger Spiele. Ein kleines Livepaket sicherte sich Eurosport für rund 70 Millionen Euro im Jahr, weil das Kartellamt erstmals vorschrieb, dass ein zweiter Anbieter für Direktübertragungen bedacht werden muss. Der Gesamtumsatz der Liga beträgt 3,8 Milliarden Euro.
Dass Eurosport sich nun vorzeitig aus der Liveberichterstattung zurückgezogen hat, ist kein gutes Zeichen für die Bundesliga. Dem Spartensender des amerikanischen Discovery-Konzerns dürfte die Refinanzierung des Rechtepreises mit der Zahl der Abonnements für sein Bezahlangebot im Internet schwer gefallen sein, vermuten Fachleute.
So verkaufte Eurosport im Juli die Liverechte für die beiden verbleibenden Spielzeiten per Sublizenz an den Streamingdienst Dazn. Es ist kaum vorstellbar, dass Discovery zur bevorstehenden Auktion wieder ambitioniert um Livepakete mitbieten wird. Die Hoffnung auf Seiten der Fußballbranche, dass sich dafür Dazn als neuer aggressiver Investor zeigt, der für weitere Marktanteile hohe strategische Preise zahlt, muss sich nicht erfüllen. Hinter dem britischen Streamingdienst steht der Multimilliardär Leonard Blavatnik.
Dazn und Sky wirken zusammen
Dazn hat zwar in allerlei Rechte investiert und sich schon den Ruf als „Netflix des Sports“ erworben, doch dürfte die Start-up-Unternehmung derzeit hoch defizitär sein. Zahlen werden nicht genannt. Was kann Dazn also überhaupt in einer Auktion noch mehr draufpacken? „Wir haben großes Interesse an der Bundesliga. Aber wir werden nicht jeden Preis bieten“, sagte Deutschland-Geschäftsführer Thomas de Buhr von Dazn im Juli der F.A.Z. Zudem zeigt sich eine gewisse Nähe zwischen den Konkurrenten Sky und Dazn, die vielleicht erkannt haben, dass zu viel Konkurrenz einen zu hohen Preis hat.
Schon in der Champions League teilen sich beide Anbieter derzeit die Liverechte für den deutschen Markt auf. Derzeit prüft das Bundeskartellamt in einem Verfahren, ob alles sauber ablief und die Kooperation kartellrechtskonform ist. Geschädigter würde der europäische Fußballverband sein, der aufgrund möglicher verbotener Absprachen zwischen beiden Unternehmen zu wenig für die Liverechte erhalten haben könnte. Weder die Wettbewerbsbehörde noch Sky und Dazn wollen sich zum Verfahren äußern.
Wie gut beide Medienunternehmen zusammenwirken, zeigt sich aktuell beim Thema Sport-Kneipen. So werden die jetzt vom Streamingdienst übertragenen Bundesligapartien auch in Gastronomiebetrieben mit Sky-Abonnement zu sehen sein. Die Übereinkunft ist pünktlich zum Saisonstart bekanntgegeben worden.
Um hohe Preise zu erzielen, müsste die Liga an vielen unabhängigen Bietern interessiert sein. Zudem stellt sich die Frage, ob die Erlaubnis von Sublizenzen zwischen Unternehmen während Vertragsperioden nicht schädlich für den freien Wettbewerb ist. Die DFL verweist auf vertragliche Abmachungen. Die italienische Kartellbehörde sieht das offenbar rigider und hat im Fußball schon hohe Geldbußen für Medienunternehmen verhängt.
1,6 Milliarden Euro je Spielzeit
Derweil schauen Ligamanager irritiert auf den Platzhirschen Sky, der aktuell gewaltig abspeckt und umstrukturiert wird. Im vergangenen Jahr wurde der Pay-Sender vom amerikanischen Kabelnetzbetreiber Comcast übernommen. Wie stark und risikofreudig Comcast nun in die Bundesliga investieren will, ist unklar.
Konstante Gewinne konnte Sky Deutschland mit seinen Bundesliga-Abonnements nie erwirtschaften. Dies dürfte auch Interessenten wie die Deutsche Telekom oder Vodafone mit Unity Media von einem Bieterfeuerwerk abhalten. Selbst die amerikanischen Internetkonzerne investieren bisher nur gezielt in kleinere Sportrechtepakete.
Dass in der überstrahlenden englischen Premier League Rekordergebnisse inzwischen ausbleiben, mag der Bundesliga ebenfalls Hinweise geben. Doch sind die Sphären ganz andere. Auf dem heimischen britischen Medienmarkt erzielen die englischen Topklubs in den nächsten drei Jahren jede Saison umgerechnet 1,9 Milliarden Euro. Zuvor waren es 100 Millionen mehr. Die dafür weiter steigenden internationalen Medienverträge spielen jede Spielzeit nochmal 1,6 Milliarden Euro ein. Die Bundesliga steht im Ausland derzeit auf 242 Millionen Euro.