Bosch-Chef Hartung zu Euro 7 : „Sonst bauen wir in zehn Jahren alte Motoren“
- -Aktualisiert am
Stefan Hartung, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Bosch, kritisiert staatliche Vorgaben. Bild: dpa
In der geplanten Abgasnorm Euro 7 würden Sensoren vorgeschrieben, die es gar nicht gebe, sagt Bosch-Chef Hartung. Prinzipiell hält er die Regulierung aber für richtig. Die Konzernrendite lässt jedoch zu wünschen übrig.
Der Automobilzulieferer Bosch hat Aspekte der geplanten Abgasnorm Euro 7 kritisiert. „In die Regulierung kann nichts rein, was technisch nicht geht oder noch nicht erfunden ist“, sagte Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, am Donnerstagabend in Stuttgart in einer Runde mit Journalisten. „Wenn in den Lkw-Normen ein Sensor vorgeschrieben wird, den es gar nicht gibt, dann ist das für uns komisch.“
Die EU-Kommission hatte im November Vorschläge für die Verschärfung der Abgasnormen vorgelegt, die die Luftverschmutzung reduzieren sollen. Aktuell laufen die Verhandlungen zwischen den Brüsseler Institutionen. Zuletzt hatten die Ministerpräsidenten der drei Auto-Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen in einem Brief an Kanzler Olaf Scholz darauf gedrängt, den aktuellen Euro-7-Entwurf nicht zu akzeptieren. Die Abgasnorm und die Testbedingungen müssten „technisch und wirtschaftlich erreichbar sein“. Zudem bedürfe es „angemessener Umsetzungsfristen, die auch die Entwicklungszyklen der Automobilhersteller berücksichtigen“, schrieben Markus Söder (CSU), Winfried Kretschmann (Grüne) und Stephan Weil (SPD). Als Umsetzungsfrist werden aktuell Juli 2025 für Autos und leichte Nutzfahrzeuge und Juli 2027 für schwere Nutzfahrzeuge genannt. Diese seien „technologisch zu ambitioniert“.
„Wenn man spät reguliert, kommt es später ins Auto.“
„Wir haben eine Zeitschiene, die bei einigen Elementen nicht funktioniert. Das muss eine Rampe werden“, sagte nun auch Hartung. „Wenn man spät reguliert, kommt es später ins Auto.“ Die Kapazitäten in den Fabriken seien nicht unendlich. „Wir können nicht alle Motortypen gleichzeitig auf Euro 7 heben.“ Die Regulierung dürfe auch nicht so gestalten werden, „dass man keinen Motor mehr ökonomisch bauen kann“.
Prinzipiell hält Hartung die geplante neue Abgasnorm aber für richtig. „Das sind Feinheiten in der Ausgestaltung der Regulierung“, sagte er über seine Kritik. „Es geht darum die Regulierung vernünftig zu machen, nicht darum, sie nicht zu machen.“ Es würden noch viele Autos mit Verbrennermotor gebaut werden. „Wenn wir die Entwicklung einfrieren, bauen wir in 10 Jahren alte Motoren.“
Bosch gilt als größter Automobilzulieferer der Welt. Im vergangenen Jahr erwirtschafte der Konzern in seiner Autosparte einen Umsatz von 52,6 Milliarden Euro, wie das Stiftungsunternehmen auf Grundlage vorläufiger Zahlen mitteilte. Das ist ein Plus von 17 Prozent, währungsbereinigt um 12 Prozent. Allerdings bringt die Sparte auch aufgrund der Transformation hin zur Elektromobilität seit längerem kaum Rendite, im Jahr 2020 war die Sparte sogar defizitär. Die Einheit habe einen Überschuss erwirtschaftet, sagte Hartung. Wie hoch ausgefallen sei, werde man aber erst bei der Vorstellung des Geschäftsberichtes bekanntgeben. „Mit der Ertragskraft könne man nicht zufrieden sein“, sagte Finanzchef Markus Forschner.
Wärmepumpen-Boom
Insgesamt erzielte der Konzern, der etwa auch Industrietechnologie, Wärmepumpen und Hausgeräte verkauft, einen Umsatz von 88,4 Milliarden Euro, 12 Prozent mehr als im Jahr 2021 (währungsbereinigt 10 Prozent). Welcher Anteil davon auf durch die Inflation getriebene Preiseffekte zurückzuführen ist, wollte Hartung „aus Wettbewerbsgründen“ nicht sagen. Es bleibe aber in jedem Fall noch ein Mengeneffekt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern betrug 3,7 Milliarden Euro, das bedeutet eine Rendite von 4,2 Prozent. Das Unternehmen hat als Zielmarke eine Rendite von 7 Prozent ausgegeben, ist aber seit einigen Jahren weit weg von diesem Ziel. Hartung bekräftigte nun, die Marke im Jahr 2024 oder 2025 erreichen zu wollen. Die Mitarbeiterzahl stieg um knapp 20.000. Insgesamt arbeiten für das Unternehmen nun 420.000 Angestellte, 133.000 davon in Deutschland.
Zugute kam dem Unternehmen im vergangenen Jahr der Boom bei den Wärmepumpen. Währungsbereinigt legte die Sparte Energie- und Gebäudetechnik mit 13 Prozent am stärksten zu, der Umsatz betrug 7 Milliarden Euro. „In Deutschland allein haben wir 2022 ein Absatzplus von 50 Prozent realisiert“, sagte Christian Fischer, der die Sparte Energie- und Gebäudetechnik in der Bosch-Geschäftsführung verantwortet. Insgesamt hatte der Wärmepumpenmarkt in Deutschland im vergangenen Jahr laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie um 53 Prozent zugelegt.
Für das laufende Jahr hielt sich Hartung mit einer Prognose zurück und gab nur vage ein Umsatzwachstum und eine höhere Ertragskraft als Ziel aus. Das Unternehmen erwarte eine Abschwächung der Konjunktur. „Ein Stimulus kann nur aus China kommen.“ In der Volksrepublik erwirtschaften die Stuttgarter ein Fünftel ihres Umsatzes.