Gegenentwurf zu Volkswagen : BMW führt die 35-Stunden-Woche in Leipzig ein
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Mitarbeiter im BMW-Werk Leipzig arbeiten in der Montage des i8. Bild: dpa
Bei BMW feiern sich Betriebsrat und Vorstand für die 35-Stunden-Woche in Leipzig. Ein Seitenhieb auf den VW-Boss Diess fehlt nicht.
Einen Tag nachdem in Wolfsburg die VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo und der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess ihren Disput auf offener Bühne aufgeführt haben, zeigte der Konkurrent BMW einen Gegenentwurf: Im BMW-Werk Leipzig stand am Freitagmorgen der Betriebsratsvorsitzende Manfred Schoch Seit an Seit mit der Personalchefin Ilka Horstmeier, um in einer Pressekonferenz die Einigung auf eine tarifliche Angleichung der Arbeitszeit Ost zu verkünden. Von einem „historisch einmaligen Erfolg in der Angleichung der Arbeitsbedingungen“ sprach der eine, von einem „engen Schulterschluss mit dem Betriebsrat“ die andere – gelebte Harmonie von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite.
Dabei setzt der Münchner Autohersteller um, was die Tarifparteien in der ostdeutschen Metallindustrie schon vor Monaten vereinbart haben. Mehr als 30 Jahre nach der deutschen Einheit rückt für einen großen Teil der ostdeutschen Metallbeschäftigten die 35-Stunden-Woche näher. In Westdeutschland beträgt die tarifliche Wochenarbeitszeit schon seit 25 Jahren 35 Stunden, im Osten sind es 38 Stunden.
BMW reduziert die Wochenarbeitszeit in Leipzig schrittweise um jeweils eine Stunde bis zum Jahr 2026. Mit diesem Stufenplan werden die Arbeitszeiten an die der bayerischen BMW-Standorte angeglichen – „bei vollem Lohnausgleich“, wie Horstmeier ergänzte. Die Kürzung der Arbeitszeit um drei Wochenstunden bedeute rechnerisch einen Monat weniger Arbeit im Jahr, rechnete Schoch vor. Damit nicht genug, will BMW im selben Zeitraum 300 zusätzliche Mitarbeiter einstellen, um die Produktionskapazitäten in Leipzig weiter auf dem bisherigen Niveau zu halten.
Schoch unterstellt Diess eklatante Managementfehler
Der Kontrast könnte kaum größer sein zum Rivalen VW, wo über einen möglichen Arbeitsplatzabbau im Stammwerk heftig gestritten wird. Und BMW-Urgestein Schoch, der den heutigen VW-Chef Diess viele Jahre lang im BMW-Führungsgremium erlebt hat, konnte sich einen Seitenhieb denn auch nicht verkneifen. Er unterstellte dem „lieben Herrn Diess“ eklatante Managementfehler, wenn er nicht rechtzeitig erkannt habe, dass auch das VW-Werk in Wolfsburg vollständig auf die Elektromobilität umgerüstet werden müsse.
Bei BMW, sagte Schoch selbstzufrieden, „sind alle Werke umgestellt“. Personalchefin Horstmeier bezeichnete die Autofabrik in Leipzig, die 2001 beschlossen und 2005 in Betrieb genommen wurde, als „eine echte Erfolgsstory“. Damals seien zum Start 2300 Menschen beschäftigt worden, heute seien es 5300 Mitarbeiter.
Eine Diskussion um Produktivitätsnachteile gegenüber dem amerikanischen Elektrobauer Tesla, wie sie bei VW geführt wird, lehnte Schoch ebenfalls ab. Dass Tesla bald ein Elektroauto in 10 Stunden fertigen könne, hält man bei BMW nicht für außergewöhnlich, da man in den nächsten Fahrzeuggenerationen ebenfalls solchen Durchlaufzeiten näher komme. Um die Wettbewerbsfähigkeit des sächsischen Standorts zu erhalten, plant BMW den Produktionsausbau für Elektroantriebskomponenten und die Modellerweiterung um den vollelektrischen Nachfolger des Mini Countryman.
Derzeit rollen in Leipzig täglich rund 1100 Fahrzeuge der kompakten Einser- und Zweier-Reihe von den Bändern. Parallel dazu wird seit 2013 der Elektropionier i3 gebaut. In zwei Jahren zieht die Countryman-Produktion nach Leipzig um. Bisher ist der Mini nur in England und bei dem niederländischen Auftragsfertiger Nedcar gebaut worden.
In der 35-Stunden-Woche ist VW dem BMW-Konzern zuvorgekommen. VW hatte diese in Sachsen in den Haustarifverträgen vereinbart und für die Fabriken in Zwickau, Chemnitz und Dresden einführt. Und bei der VW-Marke Porsche beginnt sie in Leipzig schon 2025.