Mehr Wirtschaftskriminalität : Straftaten schießen wegen Datingplattform in die Höhe
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Die digitale Partnersuche über Onlinedating-Plattformen kann sehr undurchsichtig sein. Bild: dpa
Die Zahl der Wirtschaftsstraftaten ist um 42 Prozent gestiegen. Grund dafür war vor allem eine betrügerische Online-Datingplattform, die Flirtcoins an ihre Opfer verkaufte. Die Polizei musste ein Mammutverfahren führen.
Die Zahl der Wirtschaftsstraftaten ist drastisch gestiegen, während der Gesamtschaden durch solche Fälle deutlich zurückging. Für das Jahr 2022 weist die am Donnerstag vom Bundesinnenministerium vorgestellte Polizeiliche Kriminalstatistik 73.114 Fälle von Wirtschaftskriminalität aus. Das sind gut 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Dagegen ist der jährliche Schaden um 14,6 Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Euro gesunken. Im Vorjahr war noch ein Schaden von 2,4 Milliarden Euro entstanden.
Die Zahlen stammen aus den Landeskriminalämtern und werden vom Bundeskriminalamt gesammelt. Bei den meisten Wirtschaftsstraftaten handelt es sich um Betrügereien. Beispiele sind Kapitalanlagebetrug, durch den Täter sich bereichern, indem sie Investoren oder Privatanlegern angeblich lukrative Projekte schmackhaft machen, aber das investierte Geld für sich oder Angehörige abzweigen. Auch Abrechnungsbetrug durch Gesundheitsdienstleister zulasten von Krankenkassen und Patienten verursacht Schäden. Wirtschaftsstraftaten ziehen oft mehrjährige Ermittlungen und komplexe Sammelverfahren mit zahlreichen Fällen und Geschädigten nach sich. Daher schwankt die Statistik regelmäßig stark.
Tausende Dating-Nutzer betrogen
Laut dem aktuellen Kriminalitätsbericht der Innenministerien des Bundes und der Länder ist der starke Anstieg der Wirtschaftskriminalität im Jahr 2022 insbesondere auf Fälle von Leistungsbetrug zurückzuführen. Aus einer Fußnote in dem Bericht ergibt sich, dass der Anstieg vor allem an einem Mammutverfahren mit mehr als 33.700 Geschädigten und einem Schaden von über 17,7 Millionen Euro liegt. Wie die 2022 von der Polizei in Schleswig-Holstein abgeschlossenen umfangreichen Ermittlungen ergaben, hatten Betrüger eine angebliche Onlinedating-Plattform betrieben und Geld von den zahlreichen gutgläubigen Nutzern kassiert.
Von dem Betrügerbetrieb bezahlte Angestellte tauschten Chatnachrichten mit den Opfern aus, um ihnen vorzugaukeln, dass sie attraktive Partner außerhalb der Plattform kennenlernen könnten. Wie das „Hamburger Abendblatt“ Mitte März über den nun auch bundesweit bekannt gewordenen Fall aus Norddeutschland berichtete, hatten die Betreiber des betrügerischen Datingportals sogar eine interne Digitalwährung eingeführt, die als Flirtcoins bezeichnet wurde. Frauen und Männer auf Partnersuche mussten die Flirtcoins für einen Euro pro Stück kaufen, um die Datingplattform nutzen zu können. Mit dieser modern anmutenden Masche steigerten die Betrüger ihre Einnahmen beträchtlich.
Während die Zahl der Fälle von Wirtschaftskriminalität stark gestiegen ist, ging die Zahl der Tatverdächtigen um mehr als 7 Prozent auf 26.770 Personen zurück. Bei 28 Prozent handelt es sich um nichtdeutsche Tatverdächtige. Unter dem Strich haben weniger Straftäter insgesamt mehr Opfer geschädigt. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Täter dank digitaler Werkzeuge wie im Fall des Onlinedatingportals immer effizienter werden.