Bertelsmann : Liz Mohn bleibt an der Macht
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Liz Mohn leitet die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft. Bild: obs
Liz Mohns 75. Geburtstag wird für sie doch kein Tag des Ausstiegs: Bertelsmann und die Familie Mohn nehmen sich für die Nachfolge mehr Zeit.
Liz Mohn wird die Hoheit über Bertelsmann behalten. Anders als ursprünglich vorgesehen und von der Medienbranche erwartet, wird die Witwe von Reinhard Mohn den Vorsitz in der Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft (BVG) nicht aus Altersgründen abgeben, den sie lange vor dem Tod ihres Mannes übernommen hatte. Der Patriarch Reinhard Mohn, der Urenkel des Unternehmensgründers Carl Bertelsmann, bestimmte frühzeitig seine Frau zu seiner Nachfolgerin und stattete sie mit allen Sonderrechten aus.
Altersgrenzen waren nicht Bestandteil seines Testaments. Trotzdem war geplant, dass Elisabeth (Liz) Mohn nur bis zum Alter von 75 Jahren Sprecherin der Familie und Vorsitzende der Gesellschafterversammlung sein sollte. Aber die früher in der Geschäftsordnung vorgesehene Altersgrenze wurde Anfang 2014 geräuschlos aufgehoben, wie diese Zeitung jetzt erfahren hat.
Mit der Änderung der Geschäftsordnung der Verwaltungsgesellschaft machte sich die Sprecherin der Familie selbst ein Geburtstagsgeschenk. Nun kann sie am 21. Juni unbeschwert ihren fünfundsiebzigjährigen Geburtstag feiern und sich zur Ehrenbürgerin der Stadt Gütersloh erklären lassen. Die BVG ist die eigentliche Machtzentrale des Bertelsmann-Konzerns, sie kontrolliert 100 Prozent der Stimmrechte der Bertelsmann-Hauptversammlung.
Auch die beiden Kinder von Liz, Brigitte Mohn und Christoph Mohn, haben Sitz und Stimme in der BVG. Neben den drei Mohns sitzen drei erfahrene familienfremde Manager in der Verwaltungsgesellschaft. Das sind der frühere Vorstandsvorsitzende von Thyssen, Dieter Vogel, der ehemalige BMW-Chef Joachim Milberg sowie der vormalige Forschungschef von Nestlé, Werner Bauer.
Eigenständigkeit, Kontinuität, Unternehmenskultur
Natürlich gibt es gute Gründe für Altersgrenzen in Aufsichtsräten und ähnlichen Gremien. Es gibt aber auch gute Gründe dafür, nicht alle Unternehmen über einen Kamm zu scheren. Vor allem in Familiengesellschaften müssen die Statuten, Gremien und die gesellschaftsrechtliche Struktur individuell zugeschnitten und im Zeitablauf oftmals an die Entwicklung der Familie angepasst werden.
Der formale Rahmen und die Zwänge einer Aktiengesellschaft passen für ein Familienunternehmen nur selten. Und das ist nach wie vor das Verständnis von Bertelsmann, auch wenn einer der größten Medienkonzerne Europas im täglichen Geschäft weitgehend nach den globalen Kapitalmarktregeln geführt wird. Traditionell räumt Bertelsmann den verschiedenen Geschäftsbereichen und Landesgesellschaften große Freiheiten ein, verlangt aber auch unternehmerischen Elan und gesellschaftliche Verantwortung von seinen Managern.
Die Verwaltungsgesellschaft kümmert sich nicht um das Tagesgeschäft des Konzerns, sondern hat drei Aufgaben in ihrer Satzung festgeschrieben: Sicherung der Eigenständigkeit, der Kontinuität und der Unternehmenskultur von Bertelsmann. In den Sitzungen der BVG, die in normalen Zeiten einmal im Quartal stattfinden, geht es vor allem um Fragen der langfristigen Weiterentwicklung des Konzerns.
Herausfordernde Zeiten
In der Vergangenheit wurde dort etwa darum gerungen, ob das Geschäft mit den Buchclubs heruntergefahren werden soll, oder darum, welche neuen Geschäftsfelder erschlossen werden sollen. Wie herausfordernd solche Entscheidungen in Zeiten digitaler Umbrüche für Konzerne mit langer Geschichte sind, zeigt ein Blick auf die sich oft verändernde Zusammensetzung nicht nur amerikanischer Börsenindizes wie dem Dow.