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Nur noch auf Platz drei : Berlin ist nicht mehr Europas Hauptstadt der Start-ups

Da schaut auch die Kanzlerin ganz genau hin: Angela Merkel 2013 zu Besuch beim Start-up ResearchGate Bild: dapd

Vor allem die Investitionen von Rocket Internet fehlen: Berlin muss den Titel als Start-up-Hauptstadt abtreten - und fällt sogar noch weiter zurück. Grund zur Panik hat die Gründerszene aber nicht.

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          Berlin hat in der ersten Hälfte des laufenden Jahres den Titel der Start-up-Hauptstadt Europas verloren, konnte seine herausragende Stellung innerhalb Deutschlands aber behaupten. Berliner Start-ups konnten im ersten Halbjahr ein Investitionsvolumen von 520 Millionen Euro auf sich vereinen. London (mit 1,3 Milliarden Euro), Stockholm (1,0 Milliarden Euro) und Paris (673 Millionen Euro) lassen die deutsche Hauptstadt damit deutlich hinter sich.

          Carsten Knop
          Herausgeber.

          Im ersten Halbjahr 2015 führte Berlin mit einem Investitionsvolumen von 1,5 Milliarden Euro noch deutlich vor London (1,0 Milliarden Euro). Damals waren vor allem die Auswirkungen erheblicher Investitionen des Internet-Beteiligungsunternehmens Rocket Internet spürbar.

          Aber nicht nur Berlin ist zurückgefallen. Auch Deutschlands Start-ups insgesamt haben im ersten Halbjahr 2016 deutlich weniger Geld durch Finanzierungsrunden eingenommen als in derselben Zeitspanne des Vorjahres. Der Gesamtwert ist von knapp 2 Milliarden Euro auf 957 Millionen Euro und damit um mehr als die Hälfte gesunken.

          „Auf den ersten Blick wirken die Zahlen bedenklich“

          Gleichzeitig ist die Zahl der Finanzierungsrunden deutlich gestiegen, um 60 Prozent auf 249. Das sind Ergebnisse des „Start-up-Barometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Die Studie beruht auf einer Analyse der Risikokapitalinvestitionen in Europa.

          „Auf den ersten Blick wirken die Zahlen bedenklich“, sagt Peter Lennartz, Partner bei EY im Gespräch mit der F.A.Z. „Doch ein zweiter Blick zeigt ein positives Bild: Immer mehr deutsche Start-ups haben gute Vernetzungsmöglichkeiten, immer mehr etablierte Unternehmen gründen eigene Akzeleratoren, immer mehr Start-ups erhalten frisches Kapital, es gibt immer mehr mittelgroße Finanzierungsrunden.

          Das zeigt, dass deutsche Jungunternehmen für Investoren so attraktiv sind wie nie zuvor.“ Zudem habe der Rocket-Internet-Effekt den Blick auf den Risikokapitalmarkt leicht verfälscht.

          Gesunde Basis für nachhaltiges Wachstum

          Ohne diese Einmaleffekte des Vorjahres hat sich das Investitionsvolumen im Jahr 2016 in Deutschland sogar erhöht. „Unter dem Strich zeigen die aktuellen Zahlen, dass die Start-up-Szene in Deutschland erwachsen geworden ist und auf einer breiteren Basis steht als je zuvor. Die Ökosysteme für Start-ups entwickeln sich in Deutschland weiter sehr positiv“, ist Lennartz überzeugt.

          Und dass mit dem Rückgang der Investitionssumme zugleich die Anzahl der Investitionen zunahm, wertet Lennartz ebenfalls als gutes Zeichen: „Das ist ein Beleg dafür, dass die Anzahl der kleineren Frühphasenfinanzierungen erheblich zugelegt hat und damit eine gesunde Basis für zukünftiges, nachhaltiges Wachstum gelegt wurde. Zwar muss immer damit gerechnet werden, dass viele Gründungen nicht überleben.

          Aber je mehr Gründungen und je mehr Finanzierungen im Seedbereich vorgenommen werden, desto größer ist die Chance, dass sich in Start-ups zu gesunden Mittelständlern oder sogar Unicorns entwickeln werden und damit Arbeitsplätze insbesondere im digitalen Bereich entstehen“.

          Same but different : Gründungskultur in Deutschland versus Amerika

          Vom ersten auf den dritten Platz zurückgefallen

          Als Unicorn (Einhorn) werden Start-ups bezeichnet, die eine Milliarde Dollar oder mehr wert sind. Bei späteren, größeren Finanzierungsrunden seien deutsche Investoren allerdings meist nicht mehr dabei.

          Mit Blick auf ganz Europa fielen die Veränderungen ohnehin weniger deutlich aus: Der Gesamtwert der Risikokapitalinvestitionen fiel um lediglich 4 Prozent von knapp 7 Milliarden Euro auf 6,4 Milliarden Euro. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg dagegen um 40 Prozent auf 1113.

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