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Jubiläum der Reformation : Luther ist die Pleite des Jahres

Hält die Stellung: Nur die Playmobilfigur von Martin Luther ist ein Erfolg. Bild: dpa

Das Jubiläum der Reformation sollte ein einziger großer Erfolg werden. Doch die Zwischenbilanz ist ernüchternd, denn die Kundschaft bleibt aus.

          7 Min.

          Immerhin, für die Spielzeugmarke Playmobil ist das Reformationsjubiläum jetzt schon ein voller Erfolg. Mehr als eine Million Exemplare ihres Martin Luther hat die Herstellerfirma aus der Nähe von Nürnberg schon verkauft, so viele wie von keiner anderen Figur in der Geschichte des Unternehmens. Mit Talar, Federkiel und aufgeschlagener Bibel („Das Neue Testament übersetzt von Doktor Martin Luther“) ist der 7,5 Zentimeter große Plastik-Reformator auch allzu putzig anzusehen. Das Interesse hat alle Erwartungen übertroffen.

          Ralph Bollmann
          Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Für die übrigen Bestandteile des üppigen Jubiläumsprogramms gilt eher das Gegenteil. Vielfach sind die Besucherzahlen hinter den Erwartungen zurückgeblieben, teils sogar drastisch. Die Zwischenbilanz fällt jetzt, in der Mitte des Jubiläumsjahrs, ernüchternd aus. Weltausstellung in Wittenberg, Kirchentag in Berlin, „Kirchentage auf dem Weg“, Abschlussgottesdienst – überall lagen die Zahlen niedriger als vorausgesagt.

          Das Jahr als Abschluss der Luther-Dekade

          Ganz grundlegend wird sich das in den vier Monaten kaum noch ändern, bis die Feierlichkeiten am 31. Oktober offiziell zu Ende gehen, dem Tag, an dem Luther vor 500 Jahren seine Thesen gegen den Ablasshandel in die Welt setzte und der dieses Jahr in ganz Deutschland ein gesetzlicher Feiertag ist. Mancherorts setzt schon eine Debatte ein, wer für die Finanzlöcher am Ende aufkommen muss, die den Veranstaltern nun durch entgangene Einnahmen drohen.

          Mit dem Jubiläum der Reformation geht eine ganze Luther-Dekade zu Ende. Doch das Thema scheint für viele Menschen schon durch zu sein.
          Mit dem Jubiläum der Reformation geht eine ganze Luther-Dekade zu Ende. Doch das Thema scheint für viele Menschen schon durch zu sein. : Bild: dpa

          Dabei war alles so groß geplant. Seit zehn Jahren feiert die Kirche schon, eine ganze „Luther-Dekade“ rief sie aus. Das Jahr 2017 mit dem eigentlichen Jubiläum sollte der krönende Abschluss sein, auch eine gigantische Werbung für das Unternehmen Kirche mit seinen schwindenden Mitgliederzahlen, die wegen stark steigender Einkommen derzeit noch nicht auf die Einnahmen aus der Kirchensteuer durchschlagen.

          Ausgaben von rund einer halben Milliarde Euro

          Auch Staat und Tourismuswirtschaft waren eifrig dabei, alle hofften auf Imagegewinn und steigendes Interesse. Die Veranstalter versprachen „ein Gefühl wie beim Sommermärchen 2006“, als eine sonnige Fußball-Weltmeisterschaft das Land und seine Besucher wochenlang in Verzückung versetzte.

          Es ist auch viel Geld im Spiel. Rund 50 Millionen Euro beträgt allein der Etat, den das kirchliche Organisationsbüro in Wittenberg für seine Aktivitäten einsetzen kann. Sachsen-Anhalt lässt sich das Spektakel ungefähr 100 Millionen Euro kosten. Die Berliner Kultur-Staatsministerin gibt mehr als 40 Millionen Euro für diverse Projekte rund ums Jubiläum. Hinzu kommen der Ausbau der Infrastruktur, die Renovierung historischer Gebäude, Info-Kampagnen, Fördermittel der Europäischen Union. Alles in allem dürften sich die staatlichen, kirchlichen und privaten Investitionen ins Jubeljahr auf annähernd eine halbe Milliarde Euro summieren.

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