Aufsichtsratsvergütung : Piëch hat wieder was zu lachen
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Ferdinand Piëch Bild: dpa
Der Aufsichtsratschef von VW verdient so viel wie nie zuvor. Andere bekommen nur einen Bruchteil seiner Bezüge – und treiben die mit einem Trick zumindest etwas in die Höhe.
Immer wieder Ferdinand Piëch: Gerade noch sorgte der Aufsichtsratsvorsitzende von Volkswagen für Schlagzeilen, weil er sich an der Entmachtung von Vorstandschef Martin Winterkorn versuchte, jetzt mit der Höhe seiner Bezüge. 1,48 Millionen Euro bekam er im vergangenen Jahr – knapp ein Viertel mehr als im Vorjahr und so viel, wie kein anderer Unternehmenskontrolleur vor ihm je bekommen hat. Zum Vergleich: Im Schnitt erhielten die Aufsichtsratschefs der 30 Dax-Konzerne im vergangenen nur 390.000 Euro, 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr.
„Eigentlich ist die Aufsichtsratsvergütung das viel spannendere Thema als die Vorstandsgehälter“, sagte Joachim Kayser, Senior Partner der Beratungsgesellschaft HKP, als er am Dienstag die neuesten Zahlen vorstellte. Durch die wachsende Verantwortung der Aufsichtsräte verändert sich gerade deren Bezahlung, das aber keineswegs einheitlich.
Das zeigt sich schon an der Spanne, in der sich die Bezüge der Aufsichtsratsvorsitzenden zuletzt bewegten: Neben Piëch zählen auch Paul Achleitner (Deutsche Bank) mit 818.500 Euro und Gerhard Cromme (Siemens) mit 616.500 Euro zu den Spitzenverdienern. Das Schlusslicht bildet dagegen Wolfgang Mayrhuber bei Infineon mit gerademal 141.500 Euro. „Die Spreizung ist riesig, das haben wir so noch nie gehabt“, sagte Kayser.
Weniger erfolgsabhängige Vergütung
Einer der auffälligsten Trends ist die Umwandlung von teilweise variablen, sprich: erfolgsabhängigen Bezügen hin zu einer reinen Festvergütung. Ob Daimler, Lufthansa oder Siemens: Obwohl die Aufsichtsratsvorsitzenden mehr und mehr strategisch arbeiten, sich als Sparringspartner des Vorstands verstehen, verzichten 14 der 30 Dax-Konzerne nach HKP-Angaben auf jegliche variable Elemente. Mit Heidelberg Cement und SAP haben zwei weitere Unternehmen diesen Schritt für dieses Jahr angekündigt.
In der nächsten Krise könnte sich diese Vergütungsstruktur rächen, warnt Kayser: „Man stelle sich nur vor, die großen Autohersteller kürzen oder streichen den Mitarbeitern ihre Boni, aber die Aufsichtsräte bekommen genauso viel wie zuvor.“ Einen Vorgeschmack bot im vergangenen Jahr Adidas: Der Gewinn des Sportartikelherstellers sank um 38 Prozent, die Bezüge von Aufsichtsratschef Igor Landau blieben dennoch gleich. Das Niveau bei Adidas ist allerdings nicht hoch: Landau bekommt nur 160.000 Euro.
Als Ursache für die Festschreibung der Gehälter sehen die Berater den Wunsch nach möglichst wenig Verwaltungsaufwand – und einen gewissen Herdentrieb. Wenn ein Manager sehe, dass ein anderer seine frühere Mischung aus Fixgehalt und Boni nunmehr garantiert bekäme, wolle er das natürlich auch haben. Seit dem Jahr 2006 stiegen die Bezüge der Aufsichtsratschefs im Schnitt um 5,4 Prozent im Jahr und damit deutlich stärker als die der Vorstandsvorsitzenden, wo das jährliche Plus rund 3 Prozent betrug. In absoluten Zahlen dagegen liegen die Vorstandschefs mit Abstand vorn: Knapp 6 Millionen Euro erhielten sie 2014 im Schnitt.
Experten kritisieren die Zusammensetzung der Vergütung
Angesichts der gewachsenen Arbeitsbelastung rügen die Berater nicht die Höhe der Bezüge der Aufsichtsratschefs. Gemessen an einem Arbeitsaufwand von rund 100 Tagen im Jahr seien die meisten eher noch unterbezahlt. Wenn ein Manager statt als Aufsichtsratschef etwa als Anwalt arbeiten würde, dann käme er bei gleichem Zeitaufwand und einem Tagessatz von 6000 Euro auf fast doppelt so viel wie als Aufsichtsratschef, rechnete Kayser vor. Der Berater kritisiert vielmehr die Zusammensetzung, die seiner Meinung nach zur Hälfte fix und zur Hälfte erfolgsabhängig sein sollte, letzteres bevorzugt in Form von Aktien.
Auch wenn die Deutschland AG nicht mehr so ausgeprägt ist wie früher: Ämterhäufung gibt es nach wie vor. So leitet etwa Werner Wenning sowohl den Aufsichtsrat von Bayer als auch den von Eon, zudem ist er stellvertretender Vorsitzender bei Siemens. Insgesamt verdiente Wenning damit rund 1,2 Millionen Euro. Die meisten Ämter hat laut HKP Wolfgang Mayrhuber: Er leitet die Kontrollgremien von Infineon und Lufthansa, zudem hat er Aufsichtsratsmandate bei BMW und Münchner Rück, was ihm zusammen 743.000 Euro einbrachte.
Trotz der öffentlichen Diskussion über die Rolle von Ferdinand Piëch bei VW: In Managerkreisen ist dies laut Kayser keineswegs das vorherrschende Thema. Was seine Gesprächspartner viel mehr umtreibe, sei der Selbstmord des früheren Siemens-Vorstands Heinz-Joachim Neubürger. Siemens hatte ihn 2010 wegen der Korruptionsaffäre auf 15 Millionen Euro Schadensersatz verklagt. Es folgte ein langer Rechtsstreit, der in einem Vergleich mündete. Die Angst vor einem ähnlichen Schicksal sei groß, so Kayser. Statt über die Vergütungshöhe werde deshalb gerade mehr über Versicherungspolicen verhandelt.