Arcandor-Insolvenz : Das Finanzdesaster der Madeleine Schickedanz
- -Aktualisiert am
Madeleine Schickedanz Bild: dpa
Die Großaktionärin des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor muss mit dem Verlust ihres Privatvermögens rechnen, mit dem Bankkredite besichert waren. Offensichtlich hat sie zu lange und optimistisch an ihrem Arcandor-Engagement festgehalten.
Eine Spendenbox mit der Aufschrift „Mitarbeiter sammeln für ihre Chefin“ haben einige Angestellte von Quelle in diesem Sommer gebastelt und in ihrem Büro aufgestellt. Es war die bitter-ironische Reaktion auf das erste Interview der scheuen Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz, in dem die Quelle-Erbin zugleich erstmals etwas von ihrer Privatsphäre preisgegeben hat. Von 500 bis 600 Euro im Monat lebe sie. Sie kaufe auch beim Discounter; Gemüse, Obst und Kräuter habe sie im Garten, vertraute sie wenige Wochen nach der Insolvenz des Essener Handels- und Touristik-Konzerns „Bild am Sonntag“ an. Ein Ausspruch, der sich in dieser Republik fast wie ein Lauffeuer verbreitete und Stoff für so manche Stammtischrunde lieferte.
Tatsächlich droht das am Dienstag formell eröffnete Insolvenzverfahren über den Essener Handels- und Touristikkonzern für Schickedanz zu einem finanziellen Drama zu werden. Denn ein Teil ihrer in mehrfachen Rettungsaktionen aufgestockten Beteiligung an Arcandor war kreditfinanziert, und zwar durch das Bankhaus Sal. Oppenheim. Mit Hinweis auf das Bankgeheimnis kommentiert das ebenfalls stark bei Arcandor engagierte Bankhaus diese Kundenverbindung nicht. Im Umfeld der Bank heißt es lediglich, man habe der Aktionärin Schickedanz einen Kredit gewährt, der aber mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag wesentlich geringer sei als die früher einmal in den Medien kolportierte Summe von 500 Millionen Euro. Dieses Kreditengagement sei vollständig mit sonstigen Vermögenswerten abgesichert, die nichts mit dem Arcandor-Engagement zu tun haben, also im wesentlichen mit wertvollen Immobilien. Die Besicherung, die laut einem Bericht des „Stern“ 215 Millionen Euro ausmachen soll, liege über dem gewährten Kreditvolumen, heißt es.
Zur tragischen Figur geworden
Mit dem Niedergang des ehedem unter Karstadt-Quelle firmierenden Handelskonzerns ist Schickedanz zu einer tragischen Figur geworden. Als Tochter des Quelle-Gründers Gustav Schickedanz und dessen zweiter Frau Grete hat die heute 65 Jahre alte Frau ein großes Erbe angetreten und es am Ende so gut wie verloren. Bei einem Aktienkurs von gerade noch 22 Cent ist ihr Paket an Arcandor inzwischen weit weniger als 20 Millionen Euro wert. In der Spitze waren es einmal rund 3 Milliarden Euro. Und wenn der Insolvenzverwalter am Schluss des Verfahrens die Gläubiger mit einer gewissen Quote bedient haben wird, bleibt aus diesem Engagement für sie und die anderen Aktionäre gewiss nichts übrig.
Im Gegensatz zu ihrer Mutter, einer starken Unternehmerpersönlichkeit, hat sie sich nie für die Geschäfte interessiert. Nach zwei Semestern Betriebswirtschaft hat sie sehr jung geheiratet. Ihr Hauptanliegen war stets das soziale Engagement. Über ihre Madeleine-Schickedanz-Kinder-Krebs-Stiftung sammelten sie und ihre von der Leukämie geheilte Tochter unermüdlich Spenden. Wenig unternehmerisches Gespür war bei ihr gepaart mit einem übergroßen Vertrauen in schlechte Berater und unfähige Manager. „Ich habe viel zu spät gemerkt, dass ich die Kontrolle verloren hatte,“ räumte sie im Sommer ein.
Die Substanz fehlte
Ihre ersten beiden Ehemänner Hans-Georg Mangold und Wolfgang Bühler arbeiteten – jeweils bis zur Scheidung – in der Versandhandelsgruppe und bekleideten hohe Positionen. Ihr dritter Ehemann, Leo Herl, sitzt seit Jahren im Aufsichtsrat von Arcandor und hat dort mit angesehen, wie der Konzern heruntergewirtschaftet wurde. Zwar gab sie 2004 ihre Zustimmung zur Entlassung des glücklosen Karstadt-Quelle-Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Urban. Mit Christoph Achenbach rückte aber ein Quelle-Eigengewächs nach, das als ihr besonderer Vertrauter galt. Sie war es auch, die Thomas Middelhoff gebeten hatte, zunächst den Aufsichtsratsvorsitz und kurze Zeit später den Vorstandsvorsitz zu übernehmen.
Beide haben denselben Vermögensberater, nämlich den Kölner Immobilieninvestor Josef Esch, der gemeinsam mit Oppenheim diverse Immobilienfonds aufgelegt hat. Einigen davon gehören Warenhausimmobilien von Karstadt. Im Gegensatz zu den Gesellschaftern von Oppenheim hat sich die Quelle-Erbin bis zuletzt zu ihrem Engagement bekannt und sich ihrem Erbe verpflichtet gefühlt. Es fehlte indessen die Substanz, die Sanierung weiter mitzutragen.