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Der Wein stammt nicht von Jauchs Weingut, aber er hat die Cuvées entwickelt. Bild: obs

Aldi Nord und Süd : Weinprobe mit Günther Jauch

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Jede vierte Flasche Wein in Deutschland wird inzwischen von Aldi verkauft. Immer öfter verbündet sich der Discounter mit namhaften Winzern und Weingütern. Wie passt das zu seinem Billig-Image?

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          Der TV-Moderator Günther Jauch besitzt seit einigen Jahren sein eigenes Weingut, nämlich das aus der Familie seiner Großmutter stammende Gut Othegraven in Kanzem an der Saar. In der Weinbranche kennt er sich also aus, und dass sein Name einem breiten Fernsehpublikum bekannt ist, steht außer Frage. Für den Discounter Aldi Süd, der inzwischen auch bei Bekleidungskollektionen mit Designern oder Künstlern wie Jette Joop, Steffen Schraut oder Anastacia zusammenarbeitet, ist er also der ideale Botschafter, um das eigene Weingeschäft weiter anzukurbeln.

          Parallel zu der derzeit in Düsseldorf veranstalteten internationalen Weinmesse ProWein hat Jauch jetzt zwei künftig exklusiv bei Aldi Süd und der Schwestergesellschaft Aldi Nord verkaufte deutsche Weine präsentiert, deren Etiketten seinen Namen tragen. Einen roten und einen weißen, Ersterer ein leichter Tropfen mit starker Rieslingnote, Letzterer mit Anklängen an dunkle Beerenfrüchte, Kirschen und einen Hauch von Schokolade, wie beschrieben wird. Sie stammen freilich nicht von seinem Gut; die dort gewonnenen Mengen wären viel zu gering für eine breite Vermarktung. Aber er und sein Kellermeister Andreas Barth haben die Cuvées entwickelt. Abgefüllt wird in der Kellerei Peter Mertes in Bernkastel-Kues.

          Rund 100 Weine durchgehend im Sortiment

          Aldi kooperiert bereits seit langem mit namhaften Winzern und Weingütern, darunter Fritz Keller, Raimund Prüm oder der italienischen Dynastie Frescobaldi. Dem Durchschnittskunden dürfte der Name Jauch freilich bei weitem am geläufigsten sein. Doch warum verbündet sich ausgerechnet ein Discounter mit solchen Promi-Winzern? „Wir wollen unsere Weinkompetenz weiter stärken und sind dabei ständig auf der Suche nach vielversprechenden neuen Wein-Projekten“, beschreibt Merle Rotondo, bei Aldi Süd für den Weineinkauf zuständig. Auch für die Winzer werde es immer interessanter, die Weine bei Aldi zu verkaufen, ergänzt Ute Simon, ihr Counterpart bei Aldi Nord. Die Mengen, die bei den beiden Unternehmen über die Kassenbänder laufen, sind schließlich gewaltig. „Aldi ist einer der größten Weinhändler in Deutschland, jede vierte Flasche Wein wird inzwischen bei uns gekauft“, sagt Rotondo. Allein Aldi Süd hat 2016 mehr als 160 Millionen Flaschen Wein verkauft und diesen Absatz im vergangenen Jahr nochmals spürbar gesteigert.

          Die Weine werden jetzt in einem höherwertigen Regal angepriesen.
          Die Weine werden jetzt in einem höherwertigen Regal angepriesen. : Bild: dpa

          In der Folge gelingt es der Aldi-Gruppe derzeit, in einem eher schrumpfenden Marktsegment zu wachsen. Nach Angaben des Deutschen Weininstituts ist der gesamte Marktanteil von Discountern und Supermärkten am Weinmarkt zuletzt nochmals gestiegen. Mittlerweile werden vier von fünf Flaschen Wein über diese Kanäle verkauft. Dabei ist das Sortiment der Supermärkte deutlich breitet als das der Discounter. Aldi Süd hat rund 100 Varianten im ständigen Sortiment, hinzu kommen im Jahr etwa 200 Aktionsweine zu besonderen Anlässen. Bei Aldi Nord sind die Zahlen ähnlich. Die Kehrseite der Medaille: Die Bedeutung des Direktverkaufs der Winzer oder des Weinfachhändlers ist gesunken.

          Verkostungen aus dem Weintruck

          Was die Konsumgewohnheiten angeht, trinken junge Menschen mehr Wein, während die Älteren weniger Schoppen konsumieren. Auch vor diesem Hintergrund wollen sich die beiden Aldi-Schwestern weiter profilieren. Denn bei solchen Kooperationen mit namhaften Partnern geht es darum, neue und vor allem auch jüngere Zielgruppen in die Läden zu holen und ihnen bei ihrer Auswahl mehr Entscheidungssicherheit zu geben.

          Liegen bei Aldi die Durchschnittspreise für die Flasche Wein bei rund 2,50 Euro, werden bei besagten Kooperationen deutlich höhere Preise aufgerufen. Die Weine mit dem Jauch-Etikett kosten beispielsweise 5,99 Euro. Damit zielt der Discounter auf die kaufkräftigere Kundschaft, die dann möglichst auch bei den anderen Warengruppen zugreifen soll. Im Rahmen der laufenden Investitions- und Modernisierungsoffensive der beiden Aldi-Schwestern spielt diese wichtige Sortimentsgruppe denn auch eine große Rolle. In den neuen Filialen werden die Flaschen deutlich wertiger im beleuchteten Regal präsentiert als zuvor primär im Pappkarton.

          Anlässlich der laufenden Weinmesse hat Aldi nach positiven Erfahrungen aus dem Vorjahr zum zweiten Mal einen temporären Pavillon in der Düsseldorfer Innenstadt errichtet, in dem die Passanten diverse Weine verkosten können. Als weiteres Marketinginstrument wird in diesem Sommer ein Weintruck zu Festivals im Aldi-Süd-Gebiet geschickt, so beispielsweise zu dem Bonner Spektakel „Rhein in Flammen“. Denn einen großen Nachteil gegenüber dem Winzer-Verkauf oder dem Fachhandel haben die großen Ketten: Die Kunden können den Wein nicht probieren. „Diese Inszenierungen sind für uns eine tolle Chance, ein eher erklärungsbedürftiges Produkt zu präsentieren und neue Kunden zu begeistern“, erklärt Rotondo die für die sich sonst eher bedeckt haltende Gruppe recht ungewöhnlichen Aktionen in der Öffentlichkeit.

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