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F.A.Z. exklusiv : Alain Caparros soll zu C&A wechseln

Alain Caparros Bild: dpa

Der scheidende Rewe-Chef Alain Caparros ist eine schillernde Figur. Jetzt soll er neuer Europa-Chef von C&A werden. Für das verschwiegene Familienunternehmen wäre das ein großer Strategie-Wechsel.

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          Eine überaus prominente und überraschende Neubesetzung zeichnet sich für die Textileinzelhandelsgruppe C&A ab: Nach Informationen der F.A.Z. führt der Bekleidungsspezialist ernsthafte Gespräche mit dem scheidenden Rewe-Vorstandsvorsitzenden Alain Caparros – wohl über den vakanten Posten des Europa-Chefs. Die Verpflichtung des temperamentvollen Managers wäre für das äußerst verschwiegene Familienunternehmen ein Paukenschlag.

          Christine Scharrenbroch
          Freie Autorin in der Wirtschaft.

          Nur wenige externe Führungskräfte haben es bei der Modekette bisher in die vorderste Reihe geschafft. Von C&A war am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten. Sicher ist: Im Mai hatte der seit 2015 amtierende Philippe Brenninkmeijer sein Amt als Vorstandsvorsitzender von C&A Europa abgegeben. Er bereite sich auf eine neue Rolle innerhalb der Familienholding Cofra vor, hieß es. Als Interims-Nachfolger wurde mit Edward Brenninkmeijer, der das C&A-Geschäft in Brasilien, Mexiko und China leitet, ebenfalls ein Vertreter der weit verzweigten Eigentümerfamilie bestellt.

          Er könnte auf steigende Umsätze aufbauen

          Als Caparros Ende März in der Kölner Rewe-Zentrale zum letzten Mal die Bilanz der genossenschaftlichen Handelsgruppe präsentierte, deutete er schon an, dass er sich nicht ganz aus dem aktiven Berufsleben zurückziehen werde. „vielleicht sehen wir uns wieder“, sagte er. Näheres zu seiner Zukunft verraten wollte der langjährige Rewe-Vorstandsvorsitzende zu diesem Zeitpunkt nicht. Er führe ein paar nette Gespräche, sagte der im September 61 Jahre alt werdende Franzose lediglich. Nicht mehr in Frage komme für ihn aber eine Aufgabe im Lebensmittelhandel. Insofern würde C&A gut passen.

          Mit C&A könnte er die gewünschte neue, große Herausforderung gefunden haben. In den vergangenen Jahren hat der 1841 von Clemens und August Brenninkmeijer gegründete Modekonzern Umsatz verloren, wie Philippe Brenninkmeijer im November einräumte: „Wir sind bei Umsätzen und Profitabilität nicht da, wo wir sein wollen“, hatte er der „Textilwirtschaft“ gesagt. Deshalb müsse die Transformationsstrategie beschleunigt werden. Die Geschwindigkeit, mit der sich der Modehandel in Richtung Online-Umsätze verändere, sei unterschätzt worden: „Kein Zweifel, darauf hätten wir eher reagieren müssen“, gab sich Brenninkmeijer damals selbstkritisch. Innerhalb von vier Jahren solle der Online-Umsatz verdreifacht werden.

          Aktuelle Zahlen nennt der Konzern mit 2000 Filialen in 21 Ländern nicht. Für das Deutschland-Geschäft sowie den Online-Umsatz in acht weiteren Ländern meldete die in Düsseldorf ansässige Teilgesellschaft C&A Mode GmbH & Co. KG für das vorvergangene Geschäftsjahr 2015/16 (Ende Februar) einen Umsatzrückgang von 3,5 Prozent. „Sehr zufrieden“ zeigt sich die Textilkette indessen auf Anfrage mit dem Geschäftsverlauf im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs. Von März bis Mai konnte C&A Europa einem Sprecher zufolge die Umsätze „sehr erfreulich“ steigern. Darauf immerhin könnte Caparros dann aufbauen.

          Verabschiedet sich bei Rewe mit glänzenden Zahlen

          Schon im Februar hatte C&A einen Stellenabbau in den beiden Europa-Zentralen in Düsseldorf und im belgischen Vilvoorde angekündigt. Demnach sollen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt bis zu 160 von 1400 Arbeitsplätzen wegfallen. In Vilvoorde stehen bis zu 70 der 570 Stellen auf der Streichliste. Die Filialen und die Filialorganisation seien nicht betroffen. Neben den Kosteinsparungen plant C&A Investitionen in die Modekollektionen und ein neues Filialkonzept. Als Ziel wird die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa und die Schaffung eines zukunftsfähigen Geschäftsmodells als Omni-Kanal-Händler genannt. Zu schaffen machen der Branche die wachsende Konkurrenz durch Onlinehändler und Billiganbieter wie Primark oder TK Maxx. Dazu kommt eine abnehmende Lust der Verbraucher, neue Garderobe zu kaufen. Massive Rabattaktionen sind die Folge.

          Bevor er sich in dieses schwierige Marktumfeld wagt, wird Caparros am Montag kommender Woche aber erst einmal auf der Generalversammlung von Rewe verabschiedet. Zum 1. Juli geht die Führung von Deutschlands zweitgrößter Supermarktkette formal auf seinen Nachfolger Lionel Souque über. Der seit langem vorbereitete Generationswechsel erfolgt damit früher als zunächst geplant. Bei Rewe kann er sich nun aber mit glänzenden Zahlen verabschieden.

          Streitbar und unkonventionell

          Der im September 1956 in Algerien geborene und später in Lothringen aufgewachsene Manager kam 2003 zur Rewe-Gruppe. Zuvor hatte der leicht untersetzte Vollbartträger mit dem stets gebräunten Teint Karrierestationen bei der Kosmetikkette Yves Rocher, der Aldi-Nord-Gruppe und dem Gastronomielieferanten Aldis Service plus absolviert. Als er damals in der Kölner Domstraße antrat, befand sich das Handelsunternehmen in bedrohlichen Turbulenzen. Nach einer Art Palastrevolution gelang es Caparros recht zügig, das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen und dabei auch die reichlich verunsicherten Mitarbeiter mitzunehmen.

          Man kann dem mit ausgeprägtem französischen Akzent sprechenden Manager also reichlich Erfahrungen mit Turn-around-Situationen bescheinigen. Unter seiner Leitung ist die Gruppe kontinuierlich auf mehr als 54 Milliarden Euro Jahresumsatz gewachsen, bei stetig steigenden Erträgen. Der studierte Betriebswirt ist streitbar, unkonventionell, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg und hat Sinn für Humor. Der Vater von drei erwachsenen Kindern aus erster und einem Sohn aus zweiter Ehe, der nach eigenem Bekunden gern einkaufen geht, hat einen Wohnsitz in Düsseldorf. Die tägliche Fahrzeit von seinem Haus in die C&A-Zentrale am Flughafen wäre künftig also deutlich kürzer.

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