Trotz Lieferkettenproblemen : Airbus kontert Boeings Milliardenverlust
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Ein Airbus A330 bei der Landung in Heathrow. Bild: picture alliance / NurPhoto
Man habe in einem „komplexen operativen Umfeld“ eine solide Performance hingelegt, beteuert der Airbus-Chef – und schwört seinen Konzern auf einen sportlichen Jahresendspurt ein.
Guillaume Faury bleibt optimistisch. Der Vorstandschef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus hält an seinen Zielen fest, in diesem Jahr 700 Verkehrsflugzeuge an Airlines auszuliefern und ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 5,5 Milliarden Euro zu erzielen – trotz abflauender Weltkonjunktur und fortwährender Lieferkettenprobleme. Im Vergleich zu 2021 wäre das eine zweistellige Wachstumsrate. Damals hatten unterm Strich 611 Flugzeugauslieferungen und 4,9 Milliarden Euro an bereinigtem Ergebnis gestanden.
Während der amerikanische Erzrivale Boeing am Mittwoch einen Milliardenverlust für das dritte Quartal bekanntgab, konterte Airbus am Freitag mit schwarzen Zahlen in allen Sparten, auch wenn das bereinigte Ergebnis mit 836 Millionen Euro unter den Analystenerwartungen lag. Man habe in einem „komplexen operativen Umfeld“ eine solide Performance hingelegt, beteuerte Faury im Gespräch mit Journalisten, und nebenbei vom günstigen Euro profitiert. Mit 4,5 Milliarden Euro erwartet er für dieses Jahr deshalb sogar einen um eine Milliarde Euro höheren Free Cash-Flow als bislang, also Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft.
Mit dem Auslieferungsziel von 700 Flugzeugen schwört der Airbus-Chef sein Unternehmen auf einen sportlichen Jahresendspurt ein. Stand Ende September waren erst 437 geschafft. Kam Airbus in den ersten drei Quartal im Durchschnitt also auf weniger als 150 Maschinen, müssten im Schlussquartal nun 263 an Kunden übergeben werden. Flugzeugauslieferungen sind eine wichtige Kennziffer in der Branche, denn erst dann fließt der Großteil des Verkaufsbetrags. Weil in der ersten Jahreshälfte Triebwerke fehlten, hatte Faury das diesjährige Auslieferungsziel im Juli schon von 720 auf 700 reduzieren müssen.
Keine akuten Sorgen um China
Der Optimismus des Airbus-Chefs überrascht insofern, als er offen über anhaltende Lieferengpässen berichtet. „Die Lieferkette bleibt aufgrund der kumulativen Auswirkungen von Covid, dem Krieg in der Ukraine, Energieversorgungsproblemen und angespannten Arbeitsmärkten fragil“, sagte Faury am Freitag. Man sehe eine Stabilisierung, nicht nur aufseiten der Triebwerkhersteller, doch noch immer kämen Teile verspätet an und werde die Planbarkeit einzelner Produktionsschritte beeinträchtigt. Mindestens bis Mitte kommenden Jahres werden die Engpässe nach Angaben von Faury noch anhalten.
In deutlichem Gegensatz zu den Problemen auf der Produktionsseite steht die hohe Nachfrage von Airlines nach Flugzeugen. Kunden hätten einen starken Appetit nach neuen Maschinen mit verbesserter Treibstoffbilanz, betonte Faury. Der Flugzeugmarkt habe sich in den vergangenen Monaten schneller erholt, als es viele erwartet hatten. Tatsächlich kann sich Airbus vor Bestellungen kaum retten. 647 Aufträge zog Verkaufschef Christian Scherer in den ersten drei Quartalen an Land, Stornierungen schon abgezogen. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es 133, und auch in den Vor-Corona-Jahren 2018 und 2019 waren es mit 256 und 127 deutlich weniger.
Mit einem Bestellbuch von 7294 Maschinen könnte Airbus theoretisch mehr als zehn Jahre produzieren, ohne dass es neue Aufträge brauchte. Das gilt in abgeschwächter Form allerdings auch für Boeing mit 5236 Maschinen im Bestellbuch und ist folglich ein wenig aussagekräftiges Maß für die aktuelle Profitabilität. Akute Sorgen um das China-Geschäft macht sich der Airbus-Chef nicht. Das dortige Marktumfeld sei wegen der geopolitischen Spannungen komplexer geworden und man beobachte das Geschehen genau, da man Flugzeuge nicht nur dorthin exportiere, sondern auch vor Ort fertige. Kurzfristig erwarte man aber nicht, dass der Markt unter Druck gerate, sagte Faury.