S-Dax-Wert : Adler rennt auf Suche nach Wirtschaftsprüfer Zeit davon
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Markenzeichen von Adler auf einem Smartphone: Die Adler Real Estate ist eine Tochtergesellschaft der Adler Group – beide Firmen sind an der Börse. Bild: Picture Alliance
Wenn das Immobilienunternehmen bis Ende April keinen geprüften Jahresabschluss vorlegt, könnten Gläubiger Milliarden zurückfordern. Lässt sich das Problem auch ohne Wirtschaftsprüfer entschärfen?
Das krisengeschüttelte Immobilienunternehmen Adler Group hat immer noch keinen Wirtschaftsprüfer gefunden, der bereit wäre, den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022 zu prüfen. Zwar kann die Bilanz erst geprüft werden, wenn das Unternehmen sie nach Ende des Geschäftsjahrs erstellt hat, doch wird es bis dahin eng. Weil die bisher zuständige Wirtschaftsprüfung KPMG sich von dem Mandat zurückgezogen hat, müsste ein neuer Prüfer sich erst einmal in die komplexe Konzernstruktur einarbeiten.
Besonders brisant ist, dass die Gläubiger einiger Adler-Anleihen ihr investiertes Geld zurückfordern könnten, falls das Unternehmen bis zum 30. April 2023 keinen geprüften Jahresabschluss vorlegt. Der Adler-Konzern hatte zum 30. Juni Anleihen in Höhe von insgesamt 4,4 Milliarden Euro ausstehen – ein großer Teil davon besitzt eine Rückforderungsklausel.
Im letzten Moment das Schlimmste verhindert
Eine Verletzung von Anleihekonditionen konnte Adler Ende April nur im allerletzten Moment verhindern. Die Wirtschaftsprüfung KPMG hatte sich zwar geweigert, die Bilanz für 2021 zu testieren, doch geprüft war sie. Angesichts dieser Formalität fehlte den Anleihegläubigern ein triftiger Grund, ihr Geld zurückzufordern, auch wenn manche von ihnen das wegen der Zweifel an dem Unternehmen vielleicht gern getan hätten.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg vom Mittwoch finden nun vertrauliche Gespräche zwischen Adler und größeren Gläubigern statt. Dabei gehe es für das Unternehmen darum, sich von der Pflicht zu befreien, einen geprüften Abschluss vorzulegen. Zudem bemühe Adler sich demnach um eine neue Finanzierung im Umfang von mehreren Hundert Millionen Euro. Ein Sprecher des Unternehmens kommentierte das aber nicht. Laut dem Bericht arbeitet Adler auch an einem Sanierungsgutachten, um neues Geld zu bekommen. Das Wirtschaftsprüferinstitut IDW hat in seinem Standard IDW S 6 Anforderungen für solche Sanierungen festgelegt.
KPMG hatte die Verweigerung des Bilanztestats für Adler damit begründet, nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen zu können, ob Geschäfte mit nahestehenden Personen stattgefunden hätten und ob diese Geschäfte vollständig und richtig erfasst worden seien. Dieser Frage war auch eine von Adler in Auftrag gegebene forensische Sonderprüfung nachgegangen, die ebenfalls von einem Mitgliedsunternehmen des internationalen Prüfernetzwerks KPMG durchgeführt worden war.
Diese Sonderprüfung konnte die von einer Leerverkäufer-Attacke geweckten Zweifel der Aktionäre und Gläubiger an der Adler-Bilanz nicht vollständig ausräumen. Das ist der Grund, warum Prüfer sich das schwierige Mandat nicht aufhalsen wollen. Wenn kein Prüfer bereit ist, ein Unternehmen freiwillig zu prüfen, kann allerdings immer noch ein Gericht einen Prüfer bestimmen.