40 Jahre SAP : Die Matrix
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SAP-Vorstandschef Hasso Plattner an der Börse 1988. Heute hat das Unternehmen einen Börsenwert von 65 Milliarden Euro Bild: SAP
Vor 40 Jahren wurde SAP gegründet. Das Softwarehaus revolutionierte den Umgang von Unternehmen mit Daten und wurde zur erfolgreichsten Firmengründung der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Hermann Maler war völlig aus dem Häuschen. Da hatte der Manager des Rechenzentrums der ICI-Nylonfaserfabrik in Östringen bei Heidelberg stapelweise Daten in Bits und Bytes umwandeln, sie in schrankwandhohe Großrechner eingeben, durch das Programm der kleinen Softwareschmiede Systemanalyse und Programmentwicklung laufen lassen, und dann das: Mit einem Knopfdruck bekam er binnen eines Wimpernschlags alles, was er wollte. Über den Monitor flimmerten die Ergebnisse der Auftragsabwicklung, der Finanzbuchhaltung, der Materialwirtschaft. SAP machte es möglich.

Redakteur in der Wirtschaft.

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.
Vierzig Jahre später wird Dietmar Hopp nur einen Fußmarsch von der alten Faserfabrik entfernt in seinem Golfclub in St. Leon-Rot sagen: „Wir hatten ICI den Vorschlag gemacht, alle Daten und Ergebnisse sofort auf den Bildschirm zu bringen.“ Bilanzierung per Tastatur, Datenverarbeitung in Echtzeit, die Digitalisierung der doppelten Buchführung. Keine Lochstreifen, keine Stapelarbeit, keine Endlosschleifen bedruckten Papiers, oder wie Hermann Maler es damals formuliert hatte: „keine Erdnüsse mehr mit dem Dampfhammer knacken“.
Eine kleine Schar mit großen Plänen
Das sollte der Fabrik im Monat 60.000 DM sparen. Maler war begeistert, Hopp war im Geschäft. Er hatte seinen alten Arbeitgeber IBM schon verlassen, hatte vier Kollegen für sich gewonnen und mitgenommen, einen Physiker, einen Mathematiker, einen Nachrichtentechniker und einen Kaufmann, eine kleine Schar mit großen Plänen. Hopp hatte den Sprung in die Selbständigkeit mit der Gründlichkeit eines deutschen Ingenieurs vorbereitet und durchgezogen. Er machte sich an die Neuvermessung der Welt und hob im April 1972 SAP aus der Taufe. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die heute eine der größten Aktiengesellschaften Deutschlands wurde. Die Wiege stand in einem Nylonfaserwerk, die Zentrale steht in Walldorf.
„Wir haben den Markt für Firmensoftware vor 40 Jahren mit geschaffen, sind mit ihm gewachsen und haben unsere führende Rolle bis heute verteidigt“, sagt der einstige SAP-Vorstandschef und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner. Mitgründer Klaus Tschira sagte in einem Interview im vergangenen Jahr: „Wir haben damals eine rasante Entwicklung hinreichend weitsichtig geahnt, aber wir hatten auch Glück.“ Das Glück der Tüchtigen - es machte sie zu Milliardären und Mäzenen. SAP wurde mit Firmensoftware das, was Microsoft mit seinen PC-Programmen werden sollte. Software in Modulbauweise, normiert und standardisiert.
Revolution der Verwaltung
„Es ist unglaublich“, sagt Hopp leise und wischt mit der flachen Hand über den Tisch. Er machte das Unglaubliche möglich, galt als Kopf der Gründer, als Macher, durch den SAP virtuelle Kontenkladden und computerbasierte Systeme für die Buchführung baute, damit Kosten-Nutzen-Rechnungen und die Verwaltung der Industrie revolutionierte - erst in Deutschland, dann in Amerika, dann im Rest der Welt. Die Nestoren der Betriebswirtschaft wie Hans-Georg Plaut hielten Echtzeitanalysen in Unternehmen für übertrieben; junge Akademiker wie August-Wilhelm Scheer waren begeistert. Und nicht nur sie: Kunden standen Schlange; Freudenberg und Burda, Boehringer und John Deere. Ende der siebziger Jahre belieferte SAP knapp die Hälfte der hundert größten Konzerne in Deutschland. Dann kamen die Franzosen, Engländer und schließlich die Amerikaner. „Es war die Zeit, wo ich wusste, dass wir es packen“, sagt Hopp.