Umstrittene Schiedsverfahren : Luxemburg kippt die Energiecharta
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Aktivisten von Campact rufen in Berlin zum Ende des Energiecharta-Vertrags auf. Bild: AFP
Mit einem Urteil entzieht der Europäische Gerichtshof Dutzenden von Schiedsverfahren ihre Grundlage. Der Energiecharta-Vertrag soll nicht mehr für Streitigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten gelten.
Im Dauerstreit um Investitionsschutzverfahren, die auf Grundlage der Energiecharta (ECT) geführt werden, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag Fakten geschaffen. Die Richter erklärten in einem Rechtsstreit zwischen der Republik Moldau und einem ukrainischen Energiekonzern, dass die völkerrechtliche Vereinbarung zwischen EU-Mitgliedstaaten unwirksam sein soll (Rechtssache C-741/19).
Damit entzieht der Gerichtshof vielen der 55 ECT-Verfahren, die nach Angaben des in Brüssel ansässigen Sekretariats der Energiecharta anhängig sind, die Grundlage für ihre hochvolumigen Streitigkeiten.
Damit folgt der EuGH seiner Linie nach der „Achmea“-Entscheidung von 2018. Das Urteil hatte die Aufkündigung vieler bilateraler Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten zur Folge, die bis dato häufig Grundlage der Schiedsverfahren gewesen waren. Der ECT bot den Unternehmen einen Ausweg: In den vergangenen Monaten haben weitere Investoren aus einem EU-Mitgliedsland Schiedsverfahren gegen einen EU-Staat angestrengt, prominent sind dabei die Klagen der Energiekonzerne RWE und Uniper gegen den Ausstieg der Niederlande aus der Kohleverstromung.
Die Entscheidung vom Donnerstag bezeichnete Anna Cavazzini, Sprecherin der Grünen für Investitionspolitik, als „richtungsweisend“, um die Wirkungsmacht des klimaschädlichen Energiecharta-Vertrags einzuschränken. „Doch leider haben Schiedsrichter die Tendenz, den Europäischen Gerichtshof einfach zu ignorieren. Daher brauchen wir eine grundsolide Entscheidung des Rates, dieses Urteil auch umzusetzen und so weitere Fälle zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden.“