Udo Pollmer : Der Veganerfresser
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Wenn Seriosität und Klamauk zwei Glastürme wären, könnte man sagen: Pollmer poltert wie ein Elefant zwischen ihnen hin und her. Auf Youtube zerpflückt er kurzweilig aktuelle Bücher, welche die Gesundheit vegetarischen Essens belegen sollen, aber Fakten nicht standhalten. Einmal lobt er die fettige Küche Südeuropas, reich an Fleisch, reich an Rotwein, wo auch das letzte Vitamin noch zerkocht wird: „Sie verstoßen gegen alle Ernährungsregeln, die wir aufgestellt haben, und alles das führt dann auch noch dazu, dass die Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich niedriger sind als bei uns.“
Die Ernährungsberater lieben ihn nicht. Auch nicht Politiker, die das Übergewicht der Menschen mit Gesetzen bekämpfen und die Gesundheit mit Subventionen fördern wollen. In seiner kleinen Zeitschrift „Eulenspiegel“ galoppiert Pollmer sein Humor immer wieder davon. Ein Bild von Tauben ist unterschrieben mit „Flugratten“, Titelgeschichten stecken voller Polemik: „Macht kaputt, was uns kaputtmacht – nieder mit Forschung und Technik!“ Aber kein Text kommt ohne wissenschaftliche Fußnoten aus.
„Spendensammlerorganisationen“ wie Greenpeace
Die Agrarindustrie dagegen, die vor Jahrzehnten nach Pollmers Darstellung noch durch Anrufe in Redaktionen versucht hat, ihn mundtot zu machen, hat ihn plötzlich lieb. Landwirtschaftsnahe Vereine laden ihn, den sie früher als Feind sahen, als Referenten ein. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft sei es gelungen, sagt Pollmer heute, die meisten Menschen satt zu kriegen: Vor 150 Jahren hätten 80 Prozent der Deutschen auf dem Feld oder im Stall arbeiten müssen, als Mägde und Knechte. „Dass ich die Freiheit hatte, Lebensmittelchemie studieren zu dürfen, verdanke ich der hohen Produktivität der Landwirte. Dieses Licht ist mir erst später aufgegangen.“
Udo Pollmer versteht sich selbst als Aufklärer – und die anderen als Angstmacher. Greenpeace, den BUND und Foodwatch nennt er Spendensammlerorganisationen. Denen gehe es „nicht um Gesundheit, sondern um Gesundheitssymbole, die dafür gut sind, um an Spenden oder Geld vom Staat zu kommen.“ Pollmer sagt, die Medien seien ein Grund dafür, dass das so gut funktioniere. Er hat zwar selbst nie in einer Redaktion gearbeitet, glaubt aber zu wissen, dass sich meist Vegetarier melden, wenn es darum geht, wer über die Themen Essen und Landwirtschaft schreibe. Und das Internet? „Ist wie eine Güllegrube mit Desinformation gefüllt, aus denen dann Hunderttausende ihr Wissen saugen.“
Zu den Talkshows, die auch er gelegentlich besucht, stellt Pollmer fest: „Je weniger Ahnung einer hat, desto größer seine Chance, als Sieger aus dem Diskurs herauszugehen. Wer in einer komplexen Welt Zusammenhänge erklären will, wird leicht mit Schlagworten ausgekontert.“ Inzwischen sagen aber, so will Pollmer es gehört haben, auch die Vertreter von Nichtregierungsorganisationen bisweilen ihre Teilnahme an Gesprächsrunden ab, wenn sie gemeinsam mit ihm eingeladen werden. Nun ist es deren Arroganz, die ihn motiviert.
Nur eine Frage im Gespräch beantwortet er kurz, und zwar mit einem einzigen Wort: „Herr Pollmer, wird das Thema Ernährung eigentlich überschätzt?“ – „Ja.“ Dann schweigt er kurz und lacht laut. „Ja. Es ist ganz einfach. Ja.“