Verpackungssteuer in Tübingen : Boris Palmer streitet mit McDonald's
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Boris Palmer Bild: dpa
In Tübingen zahlen Unternehmen eine Steuer, wenn sie Einwegverpackungen verkaufen. Dagegen klagt ein Fast-Food-Restaurant – Oberbürgermeister Boris Palmer hält dagegen.
Hier eine Pommes-Tüte, die sich im Gebüsch verfangen hat, dort ein Pappbecher, den der Wind über den Bürgersteig weht: In Tübingen war das Müllproblem so groß, dass das Rathaus eine Verpackungssteuer eingeführt hat.
Seit Jahresbeginn gilt in der Universitätsstadt eine Steuer auf den Verkauf von Einwegverpackungen: 50 Cent werden fällig für jeden Einweggetränkebehälter und für Einweggeschirr und -speiseverpackungen, 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Je Mahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert. Zahlen müssen Restaurants, Cafés und Imbisse, aber auch Tankstellen oder Bäckereien, wenn sie Speisen und Getränke in nicht wiederverwendbaren Verpackungen verkaufen – egal, ob zum Mitnehmen oder sofortigen Verzehr.
Palmer: Verpackungssteuer wirkt
Einen Monat nach der Einführung ist die Verpackungssteuer für Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer schon jetzt ein Erfolg. „In der Stadt sehen wir deutlich weniger Müll, deutlich weniger Vermüllung um die Mülleimer herum und wesentlich mehr Anbieter von Mehrweggeschirr. Da gibt es einen regelrechten Boom“, sagte Grünen-Politiker im Gespräch mit der F.A.Z.
Ziel sei es mit der Abgabe nicht, Einnahmen zu erzielen, sondern Umwelt- und Entsorgungskosten zu vermeiden. „Wenn die Lenkungssteuer wirkt, sparen wir die Kosten der Müllentsorgung.“
15 Prozent weniger Abfall sei im Januar in städtischen Mülleimern entsorgt worden, heißt in einer ersten Zwischenbilanz der Stadtverwaltung aus dieser Woche. Demnach landeten in Tübingen etwa 30,7 Tonnen Müll in öffentlichen Abfallbehältern, deutlich weniger als in den Vergleichsmonaten der Jahre 2018 bis 2020.
Im Januar 2021 sei das Müllaufkommen wegen des zweiten Corona-Lockdowns hingegen ungewöhnlich gering gewesen, weswegen der Monat nicht als Referenz genommen wurde. Das Rathaus weist zudem darauf hin, dass wie schon im vergangenen Jahr wegen des Böllerverbots kaum Silvestermüll angefallen sei. Palmer rechnet damit, dass das Müllaufkommen in den nächsten Monaten noch sinken werde.
McDonald's klagt gegen „Insellösungen“
Doch die Verpackungssteuer kommt nicht bei allen gut an. Susanne Heppert, Franchisenehmerin der Tübinger Filiale von McDonald’s, klagt beim Mannheimer Verwaltungsgerichtshof gegen die Abgabe. Sie hält die kommunale Verpackungssteuer für unverhältnismäßig und verweist auf die zusätzlichen Kosten.
„Lege ich den Preis auf die Gäste um, können gerade die mit einem schmalen Geldbeutel nicht mehr kommen. Trage ich die Kosten selbst, liegen wir bei einem mindestens sechsstelligen Betrag im Jahr.“ Das gefährde nicht nur ihre Existenz, sondern auch die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter.
Der Konzern ergänzt, dass „lokale Insellösungen und Sonderwege“ einer bundeseinheitlichen Regelung im Weg stehen. Man sei nicht grundsätzlich gegen Vorschriften im Kampf gegen den Verpackungsmüll.
Es ist nicht das erste Mal, dass McDonald’s gegen solch eine Abgabe vorgeht. Kassel hatte 1991 als erste Stadt in Deutschland eine kommunale Verpackungssteuer eingeführt, die das Bundesverfassungsgericht nach einer Klage des Unternehmens sieben Jahre später kippte.