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TTIP : EU-Kommission für internationales Handelsgericht

Cecilia Malmström Bild: AFP

Ein heiß umstrittener Punkt im TTIP-Handelsabkommen sind die Schiedsgerichte. Die EU will nun Kritikern entgegenkommen.

          2 Min.

          Die EU-Kommission will die Öffentlichkeit mit einem Vorstoß für ein Investitionsschutzgericht für die Freihandelsgespräche Europas mit den Vereinigten Staaten (TTIP) gewinnen. Ziel sei es, einen feststehenden multilateralen Gerichtshof zu schaffen, der in Konfliktfällen zwischen Unternehmen und Staaten entscheide, heißt es in einem zwölfseitigen Papier zum Investorenschutz in TTIP, das EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström an diesem Mittwoch dem Europaparlament vorstellen will. Teil des Gerichtshofs soll eine Berufungsinstanz sein. Zunächst will Malmström als Schritt zu einem multilateralen System in dem geplanten Abkommen mit Amerika ein bilaterales Berufungsgericht sowie die Einführung unabhängiger Schiedsgerichte festschreiben.

          Hendrik Kafsack
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Der Investorenschutz und die Einrichtung von Schiedsgerichten für Streitigkeiten zwischen Staaten und Unternehmen (ISDS) ist einer der Hauptkritikpunkte der Gegner der Handelsgespräche mit den Vereinigten Staaten. Sie argumentieren, dass Unternehmen die Schiedsgerichte missbrauchen können, um gegen unliebsame Gesetze und Regeln vorzugehen. Paradebeispiel dafür ist die noch nicht entschiedene Klage des Tabakkonzerns Philip Morris gegen die Raucherschutzregeln von Australien. Allein die Androhung einer Klage könne genügen, um einen Staat von Gesetzesinitiativen abzubringen, betonen ISDS-Gegner. Zudem seien die Verfahren intransparent und die Richter oft nicht unabhängig – zumal viele sowohl Anwälte in Investorenschutzverfahren als auch Richter seien. Die Kommission hatte die Verhandlungen über ISDS im Rahmen von TTIP mit den Amerikanern nach starken Protesten Anfang 2014 vorübergehend ausgesetzt.

          Mit ihrem neuen Vorschlag bewegt sich Malmström auf den deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zu. Dieser hat der Kommissarin jüngst ein eigenes Konzept für den Investorenschutz in TTIP übermittelt, in dem er sich für einen bilateralen Handelsgerichtshof einsetzt, der von der EU und den Vereinigten Staaten getragen würde. Aus dem Umfeld von Malmström hieß es dazu, sie habe diesen Ansatz von Anfang an verfolgt. Um die Unabhängigkeit der Schiedsrichter zu gewährleisten, sieht die schwedische Liberale eine feste Liste qualifizierter Schiedsrichter vor, die von der EU und den Vereinigten Staaten unabhängig von konkreten Fällen erstellt wird. Die üblicherweise drei Schiedsrichter sollen dann bei Bedarf durch das Los ausgewählt oder von den streitenden Parteien berufen werden. Das Berufungsgericht in TTIP soll sich am Berufungsgericht der Welthandelsorganisation (WTO) orientieren. Es soll sieben Mitglieder haben, davon jeweils zwei aus der EU und Amerika.

          Weiter sieht das Papier weitgehende Transparenzpflichten vor und die Klarstellung, dass der Investorenschutz keinen Vorrang vor der Verabschiedung neuer, nichtdiskriminierender Gesetze hat. Nach dem Europaparlament wird Malmström ihre Vorschläge am Donnerstag den Handelsministern präsentieren. Ihren endgültigen Verhandlungsvorschlag will sie dann spätestens zur Sommerpause vorlegen. Die Zeit drängt. Die EU will bis Ende des Jahres eine Grundsatzeinigung mit den Vereinigten Staaten erzielen. Diese dürfte angesichts der zuletzt langsamen Fortschritte zwar weit von der endgültigen Einigung entfernt sein. Ohne eine Einigung zum Investorenschutz dürfte sie aber unmöglich sein. Die Amerikaner haben bisher zurückhaltend auf entsprechende Reformvorstöße reagiert. Allerdings haben sie, so hebt das Kommissionspapier hervor, seit 2002 in ihren Investorenschutzabkommen immer einen Verweis auf die eventuelle Schaffung eines Berufungsgerichts akzeptiert.

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