
Konjunktur : Starker deutscher Arbeitsmarkt
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Die Beschäftigungslage in Deutschland ist nach wie vor robust. Bild: dpa
Erstmals seit Jahrzehnten ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in einem Mai gestiegen. Müssen wir uns Sorgen machen?
Das hat es lange nicht gegeben: Erstmals seit Jahrzehnten ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in einem Mai gestiegen – um 7000 auf 2,236 Millionen. Üblicherweise sinkt hingegen die Arbeitslosigkeit im Frühjahr, weil zum Beispiel am Bau wieder mehr los ist und es in der Gastronomie mehr zu tun gibt.
Ist das also nun die Trendwende am Arbeitsmarkt? Bereitet die schwächelnde Konjunktur der Rekordjagd der vergangenen Jahre endgültig ein Ende?
Klar ist: Irgendwann musste sich die schwächere wirtschaftliche Entwicklung auch am Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Zwar reagiert dieser erfahrungsgemäß erst mit Verzögerung auf das Auf und Ab der Konjunktur und gilt daher als nachlaufender Indikator.
Doch so robust er sich lange gezeigt hat, wäre es doch erstaunlich gewesen, wenn die aktuelle Flaute spurlos an ihm vorbeigegangen wäre. Grund zur Panik gibt es dennoch nicht. Zum einen, weil es im Mai einen starken Sondereffekt gegeben hat.
Auf Druck des Bundesrechnungshofs haben die gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen geführten Jobcenter ihre Angaben über die Zahl der Arbeitslosen im Bereich der Grundsicherung („Hartz IV“) korrigiert. Dieser hatte vor einiger Zeit moniert, die Jobcenter würden den Status von Leistungsbeziehern zum Teil nicht korrekt melden, weshalb geschätzt 115.000 Arbeitslose in der offiziellen Statistik nicht auftauchten.
Hartz-Reformen haben den Arbeitsmarkt stärker gemacht
Der Bundesagentur für Arbeit zufolge können solche Fehler passieren, wenn jemand an einem Integrationskurs oder einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnimmt. Er gilt dann vorübergehend als arbeitssuchend, muss hinterher aber wieder arbeitslos gemeldet werden – das wurde zum Teil offenbar versäumt oder passierte erst mit zeitlicher Verzögerung.
Zum anderen spricht viel dafür, dass der Arbeitsmarkt für einen wirtschaftlichen Abschwung grundsätzlich gut gewappnet ist. Das liegt an dem demographischen Wandel und dem enormen Bedarf der Unternehmen an Fachkräften.
Auf dem Bau, im Handwerk und in vielen Industriezweigen haben die Betriebe weiter große Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Es liegt aber auch an einem strukturellen Wandel der deutschen Wirtschaft: Der Dienstleistungssektor ist stark gewachsen und hat viele Arbeitsplätze geschaffen für Lehrer, Pfleger und Erzieher, die wenig konjunkturanfällig sind. Während im Krisenjahr 2009 um Deutschland herum die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schossen, hat diese Entwicklung hierzulande schon damals die Auswirkungen abgefedert und Massenentlassungen mit verhindert.
Schließlich haben auch die Hartz-Reformen aus den Jahren 2003 bis 2005 ihren Beitrag zur Stärke des deutschen Arbeitsmarkts geleistet, indem sie den Zugang für Geringqualifizierte erleichtert und zugleich dafür gesorgt haben, dass Arbeitslose sich stärker um Arbeit bemühen müssen. Selbst wenn die Arbeitslosigkeit nun über mehrere Monate steigen sollte, gibt das Anlass zur Hoffnung, dass sie schnell wieder sinkt, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung wieder bessert.