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Teure Gasrechnung : Schockpreise für die Briten

Britisches Reihenhaus-Idyll: Die Backsteinbauten sind Gasverbrennungsmaschinen. Bild: Bloomberg

Die Regierung muss ärmeren Haushalten helfen, sonst droht ein Winter des Frierens. Die hohen Kosten liegen aber auch an älteren Versäumnissen.

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          Auf Millionen Bürger kommt mit den rasant steigenden Energierechnungen ein schmerzhafter Kostenschock zu. In Großbritannien ist dieser sogar noch etwas stärker als in vielen anderen europäischen Ländern, weil auf der Insel besonders viel mit Gasboilern geheizt wird.

          Nimmt man alle Preissteigerungen für Gas und Strom dieses Jahres zusammen, dann steigt die Jahresrechnung für typische Haushalte in Britannien um fast 2300 Pfund auf 3550 Pfund. Im Januar droht schon ein weiterer Sprung. Viele Menschen werden in den Wintermonaten kaum noch die finanziellen Mittel besitzen, ihre Wohnung halbwegs adäquat zu heizen.

          Essen oder Heizen?

          Die von der vermutlich nächsten Premierministerin Liz Truss angekündigte Steuersenkung durch Rücknahme der gestiegenen Sozialabgaben hilft zwar der Mittelschicht, die netto einige Hundert Pfund mehr in der Tasche haben wird. Doch Millionen Rentnern und Sozialhilfeempfängern ist damit nicht geholfen, denn sie zahlen die Sozialversicherungsabgabe nicht, die Entlastung geht daher an ihnen vorbei. Für sie wird es besonders bitter.

          Es droht ein Winter des Frierens und der Entbehrung, manche müssen zwischen Heizen und Essen wählen. Um den Kostenschock zu lindern, wird Truss gezwungen sein, neue milliardenschwere Finanzhilfen auszugeben. Wie soll man diese finanzieren? Labour-Chef Keir Starmers Forderung nach einer nochmaligen Sonderbesteuerung der Energiekonzerngewinne ist bei den Wählern beliebt, vermutlich werden auch die Konservativen darauf zurückkommen. Ein Einfrieren der Gaspreise, wie Starmer es fordert, wäre aber falsch, weil dann der Anreiz zum Energiesparen wegfiele. Es muss jedoch eine sozialpolitische Kompensation geben.

          Dass die Briten besonders hohe Energierechnungen haben, liegt auch an der leider schlechten Bausubstanz vieler Häuser. Mit dünnen Backsteinmauern, klapperiger Einfachver­glasung und oft sogar undichten Fenstern sind viele Häuser echte Gas- und Geldverbrennungsmaschinen. Eine große Offensive zur besseren Isolierung der Wohnungen auf der Insel hätte schon vor Jahren begonnen werden müssen. Dass dafür keine stärkeren Investitionsanreize geschaffen werden, bleibt ein großes Versäumnis.

          Philip Plickert
          Wirtschaftskorrespondent mit Sitz in London.

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