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Teure Energie : Die Wucht der Wohnkosten

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In Berlin ist der Wohnungsmarkt innerhalb weniger Jahre zu einem der umkämpftesten des Landes geworden. Bild: dpa

Der frühere Bauminister Horst Seehofer war seiner Zeit voraus: Zu einer sozialen Frage wird das Wohnen erst in diesem Jahr.

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          Vier Jahre ist es her, da sagte der damals für die Wohnungspolitik mitzuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Wohnen sei die soziale Frage der Gegenwart. Im Nachhinein denkt man: Was für paradiesische Zeiten waren das. Ja, die Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen waren teils lang. Und selbst im einst so günstigen Berlin wurden plötzlich 10 Euro Kaltmiete je Qua­dratmeter aufgerufen. Doch im Vergleich zu heute waren das kleine Pro­bleme. Zu einer echten sozialen Frage wird das Wohnen erst in diesem Jahr.

          Die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind nicht mehr abstrakt. Die Bürger spüren sie, an den Tankstellen, in den Supermärkten, vor allem aber demnächst beim Blick auf ihre Nebenkostenabrechnung. Noch sind die monatlichen Abschlagszahlungen in vielen Fällen moderat, aber das wird sich ändern. Bis zu 5000 Euro Mehrkosten für Energie für eine vierköpfige Familie prognostiziert der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft für dieses Jahr. Daran wird auch eine Absenkung der nächtlichen Wohnungstemperatur um ein Grad wenig ändern, wie sie Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia jetzt angekündigt hat.

          Die steigenden Nebenkosten sind nicht das einzige Ärgernis. Weil sowohl die Baupreise als auch die Zinskosten rasant steigen, ziehen auch die Mieten für Neubauwohnungen an. In Großstädten ist die 20-Euro-Marke je Quadratmeter längst überschritten, jetzt droht Gleiches auch in mittelgroßen Städten. Für Normalverdiener bleibt das Angebot an Wohnraum damit so knapp wie eh und je – der Frust bei der Wohnungssuche ebenso.

          Es wäre Zeit für ein Eingeständnis der Ampelkoalition, dass das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr unter diesen Umständen nicht zu halten ist. Es wäre auch Zeit für eine Debatte darüber, ob die immer strengeren Effizienzvorgaben für Häuser dem Klima wirklich so viel nutzen, wie sie die Bauherren und Mieter kosten. Fachleute äußern daran berechtigte Zweifel. Dass die Grünen nicht auch noch diese Diskussion führen wollen, ist nachvollziehbar. Doch angesichts der Wucht, mit der die steigenden Wohnkosten die Menschen treffen, ist Schweigen keine Lösung.

          Julia Löhr
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin.

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