Telekommunikation : Politik und Wirtschaft setzen Benq unter Druck
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Prüft rechtliche Schritte: Siemens-Vorstandschef Kleinfeld Bild: AP
In den Verträgen zwischen Benq und Siemens sollen angeblich Arbeitsplatzgarantien festgehalten worden sein. Der Münchner Konzern prüft nun rechtliche Schritte gegen die Südkoreaner. Siemens lehnt es allerdings ab, die Verträge offenzulegen.
Der taiwanische Elektronikkonzern Benq hat Vertragsverpflichtungen in Deutschland gebrochen. Im Vertrag zur Übergabe des Handygeschäfts von Siemens im vergangenen Jahr seien Arbeitsplatzgarantien vorgesehen, sagte Siemens-Vorstandsvorsitzender Klaus Kleinfeld. Der Münchner Konzern prüft rechtliche Schritte gegen Benq. Wegen der Insolvenz des deutschen Unternehmens Benq Mobile sind mehr als 3000 Arbeitsplätze in München, Kamp-Lintfort und Bocholt gefährdet. Ein Sprecher von Siemens relativierte die Aussage Kleinfelds mit dem Hinweis auf den Ergänzungstarifvertrag des Arbeitgeberverbandes mit der IG Metall. Darin war eine Garantie für die Standorte Kamp-Lintfort und Bocholt bis 30. Juni 2006 vereinbart. Der neue Eigentümer Benq hatte diese bis Jahresende verlängert. „Über die Einzelheiten der Verträge von Siemens mit Benq gibt es noch keine völlige Klarheit“, sagte der Sprecher.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte nach einem Treffen mit Kleinfeld, es sehe alles danach aus, als habe Benq seine Verpflichtungen gegenüber den deutschen Standorten und Mitarbeitern verletzt. Stoiber plädierte dafür, die noch ausstehenden Zahlungen an Benq von 167 Millionen Euro solle Siemens den Beschäftigten in Deutschland zugute kommen lassen. Siemens hatte für die Handysparte nach eigenen Angaben von Benq einen Kaufpreis von 285 Millionen Euro erhalten, den Taiwanern aber zugesagt, 700 Millionen Euro Kosten als Unterstützung für den Geschäftsaufbau in Europa zu übernehmen, einschließlich Abschreibungen. Als Saldo ergaben sich in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung von Siemens 413 Millionen Euro vor Steuern für Benq.
Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft leidet
Siemens stellte jetzt zusätzlich 35 Millionen Euro für die Beschäftigten von Benq Mobile in Aussicht, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Vorstand will für diesen Hilfsfonds 5 Millionen Euro spenden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Dienstag in Kiel: „Hier steht ein Traditionsunternehmen wie Siemens - das steht pars pro toto - in einer besonderen Verantwortung für seine früheren Mitarbeiter. Diese Verantwortung muß wahrgenommen werden.“ Wenn das nicht geschehe, leide das Vertrauen der Bevölkerung in die soziale Marktwirtschaft.
Nach Informationen der IG Metall ist die ehemalige Handysparte von Siemens in eine Benq Mobile Management GmbH, in eine Wireless GmbH und in die jetzt insolvente Benq Mobile GmbH & Co. OHG aufgespalten worden. Der Betriebsrat von Benq Mobile hegt den Verdacht, daß mit dieser Konstruktion Mitarbeiter und Vermögenswerte getrennt und 1700 Patente an Benq in Taiwan übertragen wurden. „Sollten die Patente und Lizenzen unwiderruflich bei Benq sein, wird es kaum noch Chancen geben, nach dem 1. Januar 2007 weiterzuproduzieren“, sagte Werner Neugebauer, der Bezirksleiter der IG Metall Bayern. Bis Ende 2006 ist die Fortführung dank des Insolvenzausfallgeldes für die Mitarbeiter gesichert. Die Betriebsratsvorsitzende Susanne Hahlweg rechnet aber auf jeden Fall mit einem Abbau von Arbeitsplätzen.
Vergebliche Versuche, Einsicht in Verträge zu erhalten