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Besteuerung : Tampon-Petition schafft es in den Bundestag

Tampons gelten in Deutschland als „Luxusartikel“. Bild: AFP

Der Petitionsausschuss des Bundestags muss sich mit der Forderung befassen, die Steuern auf Tampons und Binden zu senken. Eine Petition hat die notwendige Hürde geschafft – mit prominenter Unterstützung unter anderem von Jan Böhmermann.

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          Sind Tampons und Binden Luxusartikel? Diese Frage beschäftigt mittlerweile nicht mehr nur einzelne Frauenrechtlerinnen – sondern schon bald auch den Bundestag. Eine Online-Petition des Start-ups Einhorn, das für vegane Kondome bekannt ist, in Kooperation mit dem Online-Magazin „Neon“ hat in rund vier Wochen mehr als 81.000 Unterschriften gesammelt und damit das notwendige Quorum von 50.000 Unterzeichnern erreicht. Nun muss sich der Petitionsausschuss damit befassen.

          Jessica von Blazekovic
          Redakteurin in der Wirtschaft.

          Eine weitere Online-Petition, gerichtet an das Finanz- und Familienministerium, kann mittlerweile sogar schon fast 170.000 Unterschriften vorweisen. Initiiert wurde sie von den Hamburgerinnen Yasemin Kotra und Nanna-Josephine Roloff. Sie fordern: „Die Periode ist kein Luxus – senken Sie die Tamponsteuer“. 

          Gibt es in Deutschland wirklich so etwas wie eine Tamponsteuer? Offiziell nicht, aber: Periodenprodukte wie Binden, Tampons und Menstruationstassen werden in Deutschland als „Luxusartikel“ mit 19 Prozent besteuert. Dabei gibt es in der Bundesrepublik schon seit dem Jahr 1968 die Möglichkeit, bestimmte Produkte mit einem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zu belegen. Darunter fallen Dinge des täglichen Bedarfs, also zum Beispiel Grundnahrungsmittel, Druckerzeugnisse und Freizeitangebote wie der Theaterbesuch. Aber auch Lachskaviar und Schnittblumen kommen in den Genuss des vergünstigten Steuersatzes.

          Mehrere Tausend Euro Kosten

          Für die Initiatorinnen eine schreiende Ungerechtigkeit: „Wie sollen Frauen ihre Periode vermeiden?“, schreiben sie in ihrer Petition und beklagen eine „fiskalische Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, die das Grundgesetz eigentlich nicht erlaubt“. Sie fordern eine Senkung des Steuersatzes auf Monatshygieneprodukte von 19 auf 7 Prozent. 

          Unter dem Motto #keinluxus hatten die Initiatorinnen vor allem in den Sozialen Netzwerken intensiv für ihr Anliegen geworben – und prominente Unterstützer wie die Sängerin Lena Meyer-Landrut und die Moderatoren Charlotte Roche, Palina Rojinski und Jan Böhmermann gewonnen. Auch von politischer Seite gibt es Rückenwind: Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg, forderte zuletzt niedrigere Steuern auf Damenhygiene-Produkte.

          Überhaupt rückt das einstige Tabuthema Menstruation seit einiger Zeit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Unter Hashtags wie #periodpositive oder #menstruationmatters posten Aktivistinnen und Influencerinnen Eindrücke ihrer Menstruation – vor zehn Jahren wäre so etwas wohl noch undenkbar gewesen. Auch Drogeriemärkte gehen das Thema offensiver an und erweitern ihr Produktsegment. Obwohl es Menstruationstassen schon seit den fünfziger Jahren gibt, erleben sie jetzt einen neuen Hype.

          Auf der ganzen Welt entwickeln Aktivistinnen zudem Kampagnen, um die Steuersätze auf Periodenprodukte zu mindern oder ganz abzuschaffen. Kenia gilt als Pionier – dort ist die Steuer schon seit 2011 Geschichte. Kanada folgte 2015, und auch in einigen amerikanischen Bundesstaaten gibt es die „tampon tax“ nicht mehr.

          Seit 2016 können die EU-Mitgliedstaaten frei über die Besteuerung ihrer Hygieneprodukte entscheiden. Das Nachbarland Frankreich reagierte und senkte den Steuersatz von 20 auf 5,5 Prozent. Spanien und die Niederlanden zogen ebenfalls mit, nachdem sich Protest in Form von Petitionen und Kampagnen geregt hatte. In Österreich hingegen bezahlen Frauen weiterhin 20, in Ungarn ganze 27 Prozent Steuern auf Monatshygiene-Artikel. In Griechenland wurde die Steuer sogar von 13 auf 23 Prozent angehoben.

          Jede Frau menstruiert etwa 500 Mal in ihrem Leben und verbraucht dabei zwischen 10.000 und 17.000 Tampons und Binden. Auf das ganzes Leben gerechnet, gibt jede Frau somit etwa zwischen 1500 und 5000 Euro für Monatshygiene aus – Kosten für Schmerztabletten, Arztbesuche und therapeutische Mittel wie Wärmekissen nicht mitgerechnet.

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