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Symrise will gar nicht in Dax : Der bessere Nachfolger für den „Trümmerhaufen Wirecard“

Das Verwaltungsgebäude von Symrise in Holzminden: Das Unternehmen ist einer der weltweit führenden Anbieter von Duft- und Geschmacksstoffen. Bild: dpa

Der Duft- und Aromahersteller gehört neben der Bestellplattform zu den heißen Anwärtern auf einen Nachrückplatz für den wichtigen Leitindex, wenn der Zahlungsdienstleister ausscheidet.

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          Heinz-Jürgen Bertram hält die Aufnahmekriterien für den wichtigsten deutschen Aktienindex Dax für nicht sonderlich belastbar. Die Berechnungen der Deutschen Börse nach Börsenwert der frei handelbaren Aktien und der Handelsumsätze sind für den Vorstandschef des Duftherstellers Symrise nicht die ausschlaggebenden für eine Bewertung von gut laufenden Unternehmen. Symrise gehört neben der Bestellplattform Delivery Hero zu den heißen Anwärtern auf einen Nachrückplatz für den Dax, wenn der Zahlungsdienstleister Wirecard ausscheidet.

          Jonas Jansen
          Wirtschaftskorrespondent in Düsseldorf.

          „Ich weiß auch nicht, ob es so toll ist, ein direkter Nachfolger für den Trümmerhaufen Wirecard zu werden“, sagte Bertram in einer Telefonkonferenz mit Journalisten am Donnerstag. Viel passender sei es da doch, wenn Delivery Hero diesen Platz einnehme. Es sei schließlich ein Unternehmen „das noch nie Geld verdient hat und von dem nicht klar ist, ob sie jemals Geld verdienen“, sagte Bertram. Das Selbstbewusstsein für solche Aussagen nimmt der Vorstandsvorsitzende des Duft- und Aromaherstellers aus dem niedersächsischen Holzminden aus seinen ebenfalls am Donnerstag vorgelegten Geschäftszahlen.

          SYMRISE

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          Symrise begrüßt Lieferkettengesetz

          Während zahlreiche Unternehmen in der Corona-Krise über einen Auftragseinbruch klagen, nutzt Symrise, dass es in den letzten Jahren seine Lieferketten stark unter Kontrolle gebracht hat. So hat das Unternehmen etwa in Madagaskar eine Fabrik für Vanille aufgebaut. Eine Vanillinfabrik in Holzminden war im Jahr 1874 auch der Ursprung des Unternehmens, das in seiner jetzigen Form seit 2003 existiert. Symrise hat für die Fabrik in Madagaskar „im Urwald“, wie Bertram sagt, eine eigene Strom-, Wasser- und Straßeninfrastruktur angelegt. „Wir können deshalb immer liefern, egal unter welchen Bedingungen“, sagt der Vorstandschef, der das von vielen Seiten scharf kritisierte Lieferkettengesetz ausdrücklich begrüßt.

          Die Robustheit seiner Lieferketten schlägt aber auch direkt auf das Ergebnis des Unternehmens durch: So hat sich das Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (Ebitda) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres um 11,9 Prozent auf 393 Millionen Euro erhöht. Gestützt wurde das Geschäft allerdings auch durch den Zukauf des amerikanischen Anbieters ADF/IDF, der natürliche Inhaltsstoffe für Heimtiernahrung herstellt. 106 Millionen Euro trug der Zukauf zum Gesamtumsatz von 1,8 Milliarden Euro bei, auf organischer Basis stiegen die Erlöse um 3,4 Prozent. Die gestiegene Ebitda-Marge bringt Symrise dazu, seine Ziele für das Gesamtjahr hochzuschrauben: Statt ursprünglich mit einem Wert von 20 Prozent Ebitda-Marge rechnet Bertram nun mit bis zu 22 Prozent. Auch im Umsatz will der Duft- und Aromenhersteller schneller als der Markt und damit um mindestens 3 bis 4 Prozent wachsen.

          An der Börse kam der Ausblick von Symrise gut an: Der Aktienkurs des im Mittelwerteindex M-Dax gelisteten Unternehmens stieg am Donnerstag zeitweilig um mehr als dreieinhalb Prozent auf ein Rekordhoch von 111,70 Euro. Das Unternehmen war damit Gewinner im M-Dax. Im Verlauf von einem Jahr hat der Aktienkurs von Symrise gut 40 Prozent an Wert gewonnen, seit Jahresbeginn liegt das Plus bei knapp einem Fünftel. Der größte Investor von Symrise ist das amerikanische Investmenthaus Massachusetts Financial Services mit knapp unter 10 Prozent, auch der größte Vermögensverwalter der Welt, Blackrock, hält gut 5 Prozent an dem Unternehmen aus Holzminden.

          Nun ist es nicht so, dass die Corona-Krise komplett spurlos an Symrise vorbeigezogen ist: Gerade das Geschäft mit Parfümerie ist eingebrochen. Die Düfte, die sich sonst vor allem in Duty-free-Shops an Flughäfen verkaufen, waren in Zeiten von Lockdown und Heimarbeit freilich wenig gefragt. „Zwar ist Feinparfümerie im Moment im Eimer, trotzdem glauben wir daran“, sagt Bertram. Auch UV-Filter für Sonnencrèmes liefen nicht wie gewohnt, dafür legten Desinfektionsmittel und Mundpflegeartikel zu.

          Das seien aber, wie bei der gestiegenen Nachfrage nach Dosensuppen, vorübergehende Corona-Effekte. Nachhaltiger dürften die steigenden Ausgaben von Haustierbesitzern für ihre Schützlinge sein. An den Mittelfristzielen, seinen Umsatz bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 2025 auf 5,5 bis 6 Milliarden Euro zu steigern, was ein jährliches organisches Wachstum von 5 bis 7 Prozent bedeuten würde, hält Symrise fest.

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