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Exportnation unter Druck : Südkorea erwartet geringes Wachstum

Reise- aber keine Kauflaune zum Mondfest in Südkorea: Die Exportnation kann in diesem Jahr nicht auf Wachstum hoffen. Bild: dpa

Zum ersten Mal seit Frühjahr 2020 schrumpft Südkoreas Wirtschaft. Der Export lahmt. Das ist ein Menetekel für die Weltwirtschaft.

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          Zum ersten Mal seit Frühjahr 2020 ist die koreanische Wirtschaft am Jahresende 2022 geschrumpft. Das reale Bruttoinlandsprodukt ging um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück, teilte die südkoreanische Zentralbank in einer ersten Schätzung des Wirtschaftswachstums mit. Wichtigste Gründe waren, dass der Konsumschub nach dem Ende der Pandemie nachlässt und der Welthandel nicht mehr rund läuft. Südkorea hängt wie nur wenige Länder wirtschaftlich vom Außenhandel ab und gilt als ein Indikator für die Lage der Weltwirtschaft.

          Patrick Welter
          Korrespondent für Wirtschaft und Politik in Japan mit Sitz in Tokio.

          Für das gesamte vergangene Jahr berechnete die Bank von Korea ein Wachstum von 2,6 Prozent, nach 4,1 Prozent im Vorjahr. Für dieses Jahr erwartet die Notenbank eine weitere Abschwächung auf weniger als 1,7 Prozent. Das wäre das schlechteste Ergebnis seit 2009. Analysten und Volkswirte prognostizieren im Durchschnitt 1,3 Prozent.

          In einer ersten Reaktion versprach die Regierung der Exportwirtschaft Unterstützung. Die Regierung wolle Export und Investitionen reaktivieren, indem sie die Bemühungen zur Deregulierung vorantreibe und steuerliche und finanzielle Hilfen anbiete, sagte Finanzminister Choo Kyung-ho. Der Spielraum für Subventionen ist indes begrenzt. Die konservative Regierung plant, die Ausgaben in diesem Jahr um 6 Prozent zu senken. Präsident Yoon Suk-yeol will so das Budgetdefizit von 3,3 auf 0,6 Prozent drücken. Das ist eine Abkehr von der Politik des Vorgängers Moon Jae-in, der die Staatsausgaben in den vergangenen fünf Jahren deutlich in die Höhe getrieben hatte. Ökonomen wie Gareth Leather von Capital Economics werten den Sparkurs der neuen Regierung als Wachstumsbremse für dieses Jahr.

          China als Kunde fällt aus

          Die schlechte Konjunkturentwicklung im Quartal von Oktober bis Dezember spiegelt die schwierige Lage der Weltwirtschaft und der südkoreanischen Konsumenten wider. Der Export von Gütern und Dienstleistungen schrumpfte im vierten Quartal um 5,8 Prozent und der Import um 4,6 Prozent. Der Rückgang der Ausfuhr begann in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres, als die Weltwirtschaft sich verlangsamte und die Zinserhöhungen großer Zentralbanken, der russische Krieg gegen die Ukraine und die Covid-Lockdowns in China ihre Spuren hinterließen. Der große Nachbar China ist das wichtigste Abnehmerland für Südkorea.

          In besonderem Maße ist Südkorea zudem vom Nachfrageeinbruch in der globalen Elektronikwirtschaft betroffen. Größen der Halbleiterwirtschaft wie Samsung Electronics und SK Hynix zählen zu den wichtigsten Exporteuren Südkoreas, durchleben aber derzeit eine deutliche Nachfragedelle. Erste Daten aus dem Januar deuten darauf hin, dass der Export weiter schrumpft. Nach einer Umfrage des südkoreanischen Außenhandelsverbands sind die Exporteure für dieses Jahr vor allem über die weltwirtschaftliche Abschwächung und die steigenden Rohstoffkosten besorgt.

          Konsumflaute und Unglück belasten

          Der zweite große Belastungsfaktor für die südkoreanische Konjunktur ist derzeit der Konsum. Nachdem 2022 die wichtigsten Beschränkungen gegen Covid-19 fielen und das Leben sich normalisierte, holten viele Südkoreaner aufgeschobene Käufe nach. Dieser Sondereffekt ist nach dem Sommerhalbjahr verpufft. Am Jahresschluss schrumpfte der Konsum um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Kaufbereitschaft wurde gedrückt durch das Unglück im Vergnügungsviertel Itaewon in Seoul, das zu landesweiter Trauer führte. In einer Massenpanik während der Halloween-Feierlichkeiten Ende Oktober waren mehr als 150 Menschen ums Leben gekommen.

          Auch die Zinserhöhungen der Bank von Korea seit August 2021 von 0,5 auf 3,5 Prozent belasten die Haushalte, die zuvor hohe Schulden aufgenommen hatten. Zuletzt sind die Hauspreise deutlich gesunken und die Sorge vor einem Einbruch am Immobilienmarkt geht um. Nicht zuletzt drückt die hohe Inflation in Südkorea die Konsumbereitschaft. Im vergangenen Jahr erreichte die Inflation 5,1 Prozent und lag damit doppelt so hoch wie im Vorjahr. Die Bank von Korea geht davon aus, dass der Höhepunkt erreicht ist und erwartet für dieses Jahr einen Rückfall auf 3,6 Prozent. Darauf stützt sich die Erwartung, dass die Zentralbank mit der Zinserhöhung auf 3,5 Prozent in diesem Monat den Höhepunkt erreicht haben könnte. Doch auch mit 3,6 Prozent läge die Inflation noch höher als das Inflationsziel von 2 Prozent.

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