Südamerika : Unkontrollierter Goldrausch im Amazonasgebiet
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Garimpeiros beim Goldwaschen Bild: REUTERS
Der hohe Goldpreis lockt immer mehr Glücksritter ins französische Dschungel- Departement Guyana. Dort gefährden sie mit Quecksilber aber die einheimische Bevölkerung, Flora und Fauna.
Sie sind die Glücksritter des nordöstlichen Amazonasgebiets. Einen Motor, eine Pumpe, einige Schläuche, einen Tisch, eine Plastikplane, ein paar Waschschüsseln und vielleicht noch einen kleinen Bagger - mehr brauchen sie nicht. Von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung pumpen sie Wasser durch die Flussböden, waschen den Sand aus, geben Quecksilber dazu, um eine flüssige Legierung herzustellen, aus der sie später das begehrte Rohgold gewinnen. Aus bitterarmen Verhältnissen kommend, suchen die "Garimpeiros" die Flüsse fieberhaft nach jenem Rohstoff ab, der an den Handelsplätzen von London und New York mit mehr als 1100 Dollar je Feinunze gehandelt wird.
Illegale Goldschürfer gibt es in Guyana schon lange, aber aufgrund des rapiden Goldpreisanstiegs kommen sie inzwischen in Heerscharen aus Brasilien und Surinam über die Grenzen ins französische Übersee-Departement Guyana an der Nordostspitze Lateinamerikas. In dessen weitläufigem Dschungelgebiet, das zu Frankreich und damit zur Europäischen Union gehört, gibt es viel Gold. "Es kommen immer mehr, sie sind immer besser organisiert und haben zunehmend Verbindungen in die Geschäftswelt", sagt Christiane Taubira, die Guyana als sozialistische Abgeordnete in der Pariser Nationalversammlung vertritt. Sie schätzt, dass bis zu 15 000 illegale Goldgräber in Guyana unterwegs sind. Der Umweltverband WWF hält sogar 30.000 für möglich - bei einer Bevölkerung von 230 000 Menschen.
Missbildungen bei Neugeborenen
Im Jahr 2006 hat Frankreich den Quecksilbereinsatz verboten, doch das kümmert die illegalen Goldschürfer nicht. Aufgrund des hochgiftigen Stoffes kommt es unter den Bewohnern der Dschungelgebiete, den "Amerindien", zu Missbildungen bei Neugeborenen und zu schweren Erkrankungen. Darüber hinaus schädigen sie Fauna und Flora in einem Amazonasgebiet, das eines der größten Naturschutzgebiete der Welt ist - mit 1600 verschiedenen Tierarten, darunter Jaguare, Pumas oder Anakondas. Nach Angaben des WWF enthält ein Hektar des guyanischen Regenwaldes im Durchschnitt mehr Pflanzenarten als der ganze europäische Kontinent zusammen. Doch die Goldschürfer bedrohen diese einmalige Naturwelt. "Mit ihnen machen sich auch Prostitution, Drogenhandel, Gewalt und andere Kriminalität breit", berichtet Romain Taravella vom WWF-Büro in Guyana.
Die Menge des illegal geschürften Goldes übertrifft jene des legalen inzwischen um ein Vielfaches. "In den vergangenen Jahren hat die Regierung immer weniger Lizenzen für das vorschriftsmäßige quecksilberfreie Schürfen vergeben", klagt Carol Ostorero, Präsidentin des Verbandes der Minenbetriebe Fedomg. Drei bis vier Tonnen im Jahr produziere die offizielle Branche, berichtet das Ministerium für Überseegebiete in Paris. Es gibt nur noch zehn bis fünfzehn lokale Unternehmen, die in der Regel nicht mehr als ein Dutzend Mitarbeiter haben. Vor zwei Jahren wollte der kanadische Konzern Iamgold eine große Produktion errichten. Doch der französische Präsident Nicolas Sarkozy lehnte den Antrag ab, weil die Goldförderung in einem ökologisch reichhaltigen Gebiet stattfinden sollte. "Wir brauchen mehr Lizenzen, damit die Goldförderung korrekt vor sich gehen kann, nicht zuletzt verbunden mit Wiederaufforstung nach der Stilllegung von Anlagen", fordert die Verbandspräsidentin Ostorero und verweist darauf, dass auch Bodenschätze wie Kupfer, Zink und Diamanten im Boden von Guyana vermutet werden.