Tarifeinheitsgesetz : Nie wieder Lokführer-Streiks?
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Leere Bahnsteige dank GDL-Streik - Ob ein Tarifeinheitesgesetz dem den Riegel vorschiebt? Bild: Wolfgang Eilmes
Ständig streiken die Lokführer und die Piloten. Das hat die Bundesregierung so geärgert, dass sie jetzt ein Gesetz gegen die kleinen Gewerkschaften beschlossen hat. Aber vielleicht wirkt es gar nicht.
Fast ein Dreivierteljahr nach Beginn des erbitterten Tarifstreits war es schon sehr ungewöhnlich, was die Lokführergewerkschaft GDL am 26. Februar der Öffentlichkeit mitzuteilen hatte: „Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn werden fortgesetzt.“ In gewöhnlichen Tarifrunden ist das zwar der Regelfall. Doch die GDL hatte bis dahin (fast) nur durch Streikdrohungen und Streiks auf sich aufmerksam gemacht. Nun sieht sie erstmals eine Grundlage, mit der Bahn nicht nur über Formalien, sondern auch über die Inhalte ihrer Tarifforderung – 5 Prozent mehr Geld für 5 Prozent weniger Arbeitszeit – zu reden.
Ob dies insgeheim vielleicht auch etwas mit der Bundestagssitzung am heutigen Donnerstag zu tun hat, weiß allein der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky. Tatsache ist, dass sich das Parlament in erster Lesung mit dem sogenannten Tarifeinheitsgesetz befasst. Und wenn dieses, wie von der großen Koalition geplant, im Frühsommer in Kraft tritt, ändern sich zumindest mittelbar die Spielregeln für den Bahn-Tarifkonflikt. Zwar lässt das Gesetz bei näherem Hinsehen genaue Vorhersagen über seine Auswirkungen kaum zu – eines ist aber doch klar: Es wird die Spielregeln jedenfalls nicht zugunsten der GDL verändern. Das könnte für sie ein Grund sein, einen neuen Tarifabschluss mit der Bahn lieber noch vorher unter Dach und Fach zu bringen.
Das Tarifeinheitsgesetz soll den Aktionsradius von Berufsgewerkschaften begrenzen, so viel ist klar. Tatsächlich stellt es allerdings nur neue Regeln für den Fall einer sogenannten Tarifkollision auf – während es das eigentliche Streikrecht jedenfalls nicht ausdrücklich begrenzt. Von einer Tarifkollision ist die Rede, wenn zwei konkurrierende Gewerkschaften jeweils unterschiedliche Tarifverträge für ein und dieselbe Berufsgruppe in einem Betrieb durchgesetzt haben oder durchsetzen wollen. Dann soll, so die Stoßrichtung des Gesetzes, dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, das er am Ende tatsächlich unterschiedliche Tarifverträge innerhalb einer Berufsgruppe anwenden muss.
Falls sich die Gewerkschaften nicht untereinander auf ein abgestimmtes Vorgehen einigen können, soll daher notfalls - auf Antrag betroffener Tarifparteien - die Mehrheitsregel entscheiden: Diejenige Gewerkschaft, die im betroffenen Betrieb die meisten Mitglieder hat, soll mit ihrem Tarifvertrag den Vorrang erhalten. Die Minderheitsgewerkschaft, die in vielen Fällen die Berufsgewerkschaft sein wird, muss dann zurückstecken und erhält nur das Recht, den Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft „nachzuzeichnen“, damit zumindest dieser auch für ihre Mitglieder gilt.
Mittelbar hat diese Regel allerdings auch Auswirkungen auf Streiks. Denn nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte (gesetzliche Regeln zu Arbeitskämpfen gibt es in Deutschland nicht) sind Streiks üblicherweise als unverhältnismäßig anzusehen, wenn damit etwas durchgesetzt werden soll, das gar nicht zulässig ist oder nicht angewendet werden kann. Das wäre für Tarifverträge einer Minderheitsgewerkschaft mit einiger Wahrscheinlichkeit der Fall.