Lokführer-Ausstand : Zugreisende werden bis zum Mittag leiden – mindestens
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Die Lokführer wollen bis morgen früh um 6 Uhr streiken. Aber auch wer noch viele Stunden später fährt, dürfte betroffen sein, erwartet der Fahrgastverband Pro Bahn. Vor allem im Fernverkehr.
Die Lokführer wollen zwar „nur“ bis morgen früh um 6 Uhr streiken. Klar ist aber schon jetzt, dass es auch in der Zeit danach wohl noch erhebliche Auswirkungen für Zugreisende in Deutschland geben wird. „Auch morgen früh, wenn der Streik beendet ist, werden wir erhebliche Störungen und Einschränkungen im Berufsverkehr haben“, sagte Bahn-Personenverkehrs-Vorstand Ulrich Homburg in Berlin.

Redakteur in der Wirtschaft.
Mit erheblichen Auswirkungen auf den Zugverkehr bis weit in den Mittwoch hinein rechnet der Fahrgastverband Pro Bahn. „Ich kann nur jedem raten, bis zum Streikzeitraum alle Bahnfahrten abgeschlossen zu haben“, sagte Bundespressesprecher Gerd Aschoff gegenüber FAZ.NET. Die Folgen des Ausstandes werden nach seiner Ansicht mindestens bis zur Mittagszeit spürbar sein. Kaum zu erwarten sei, dass pünktlich nach Ende des Streiks um 6 Uhr der Bahnbetrieb wieder fahrplanmäßig laufe.
Als besonderes problematisch kristallisierte sich an diesem Dienstag die Tatsache heraus, dass es zunächst keine Informationen gab, welche Regional- und Fernzüge genau bestreikt werden. Die Bahn teilte mit, sie werde zusätzlich mehrere hundert Mitarbeiter einsetzen, vor allem beim Service-Personal in den Bahnhöfen, in den Betriebszentralen und Transportleitungen sowie bei der Reisenden-Information.
Auch Bahn-Konkurrenzen betroffen
Besonders die Situation im Fernverkehr dürfte nach Ansicht des Fahrgastverbandes Pro Bahn länger angespannt bleiben. „Die Züge stehen morgen früh nach dem Streik nicht da, wo sie eigentlich sein sollen“, erläuterte Aschoff. Einfacher sei es im Nah- und im S-Bahn-Verkehr mit Streckenfahrzeiten, die eher im Bereich von einer halben oder einer Stunde liegen. Entsprechend schneller können diese Züge wieder an ihren Bestimmungsorten sein.
Auch für die eigentlich nicht vom Streik betroffene private Konkurrenz der Deutschen Bahn sieht Pro Bahn Probleme auf sich zukommen. In vergangenen Ausständen habe sich gezeigt, dass streikende Lokführer ihre Fahrzeuge gerne „da abstellen, wo es nicht leicht ist, daran vorbeizukommen“, zum Beispiel in kleineren Bahnhöfen. Dementsprechend behinderten diese bestreikten DB-Loks auch die Züge der Wettbewerber, die eigentlich fahren könnten.
Die geben sich unterdessen entspannt. Im Regionalverkehr etwa in Niedersachsen sind unter anderem die Eisenbahngesellschaften Metronom und Nordwestbahn direkte Konkurrenten der Deutschen Bahn. „Der aktuelle Tarifstreit betrifft ausschließlich Mitarbeiter und Züge der Deutschen Bahn“, heißt es bei Metronom. Die Gesellschaft geht zwar davon aus, die Fahrgäste zuverlässig ans Ziel bringen zu können, schließt jedoch Verspätungen bei Anschlusszügen der Bahn nicht aus.
„Wir gehen voraussichtlich planmäßig an den Start“, sagte Nordwestbahn-Sprecher Maik Seete. Vereinzelt könnten sich Verbindungen verzögern. Die Konkurrenten der Bahn betreiben rund 60 Prozent aller Regionalstrecken in Niedersachsen. Auf die Frage nach möglichen Reisealternativen für die Kunden sagte Fahrgastverbands-Sprecher Aschoff: „Alternativen? Das sind alles keine.“
Fernbusse etwa böten, abgesehen von den sehr eingeschränkten Fahrplänen, niemals die Kapazitäten des Schienenverkehrs. Auf die Idee, mit dem Auto zu fahren, kämen mutmaßlich auch viele andere – und so drohe gerade in Ballungsgebieten häufiger Staus. Es bleiben U-Bahn oder Fahrrad, wenn man darauf zurückgreifen könne. Oder nach einem ausgedehnten Frühstück ein Anruf im Büro mit dem Hinweis, man komme, wenn sich die Betriebslage normalisiert habe.
Die Lokführer sind offiziell von 21 bis 6 Uhr zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. „Wir finden es perfide, mit der Streikzeit zu suggerieren, dass man damit verantwortungsvoll umgehen möchte“, sagte Homburg. Tatsächlich seien zu Streikbeginn um 21 Uhr noch mehr als 200 Fernverkehrszüge sowie mehrere tausend Nahverkehrszüge unterwegs. „Wir sehen unsere Verantwortung darin, die Randzeiten zum Streiken zu nehmen, um nicht auch die letzten Fahrgäste gegen uns aufzubringen“, sagte hingegen der Vorsitzende des GDL Bezirks Nord, Hartmut Petersen.