Steuereinnahmen : Der Fiskus hat 14 Milliarden Euro zu viel
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Gute Stimmung zu Beginn der Sondierungsgespräche. Bild: dpa
Eigentlich wollte die Bundesregierung die hohen Steuereinnahmen komplett ausgeben. Jetzt kommt die Überraschung: Am Ende des Jahres ist immer noch Geld übrig. Was machen die Koalitionäre daraus?
Für den Bundeshaushalt zeichnet sich einem Magazinbericht zufolge ein deutlicher Überschuss und somit mehr Verhandlungsmasse für die Koalitionsverhandlungen ab. Im Finanzministerium werde mit einem Überschuss von rund 14 Milliarden Euro gerechnet, berichtete der „Spiegel“ am Samstag. Geplant war ein ausgeglichener Haushalt ohne Neuverschuldung. Grund seien die weiter sprudelnden Steuereinnahmen dank der guten Konjunktur.
Im jüngsten Monatsbericht hatte das Ministerium für die ersten neun Monate des Jahres einen Zuwachs bei den Steuereinnahmen von Bund und Ländern von 4,2 Prozent gemeldet. Das ist mehr als die 3,9 Prozent, die die amtlichen Steuerschätzer für das Gesamtjahr bislang voraussagen.
Das Ministerium kommentierte die Berichterstattung nicht. Ein Sprecher sagte, „das Ergebnis der nächsten Steuerschätzung vom 7. bis 9. November wird einen Überblick über die Spielräume im Bundeshaushalt für die nächste Legislaturperiode geben“. Es gebe einen aktuellen Finanzplan. Dieser enthält für die Jahre 2019 bis 2021 frei verfügbare Haushaltsmittel von insgesamt 14,8 Milliarden Euro.
Was wird aus dem vielen Geld?
Für die komplette Legislaturperiode hatte es bisher geheißen, es seien 30 Milliarden Euro zu verteilen – doch die Wünsche der möglichen Koalitionspartner summieren sich auf insgesamt 100 Milliarden Euro. Vor allem die Abschaffung des Solidaritätszuschlags war in den vergangenen Tagen in die Diskussion gekommen, zumal er vor allem von Reichen gezahlt wird – wie die Einkommenssteuer und Abgeltungssteuer, auf der er beruht.
Einst war der Zuschlag eingeführt worden, um die Kosten für die deutsche Einheit zu tragen. Zwar hat das Geld keine Zweckbindung, sondern fließt in den aktuellen Bundeshaushalt, doch bald 30 Jahre nach der Einheit wird der Zuschlag schwer zu rechtfertigen. Inzwischen allerdings hat der Bund der Steuerzahler ausgerechnet: Der Solidaritätszuschlag lässt sich durchaus so abschaffen, dass die Einnahmen des Bundes trotzdem steigen. Eine Rechnung für die F.A.Z. ergibt: Bis 2020 würde dann jedes Jahr ein Drittel des Soli abgeschafft. Eine Beispielfamilie mit einem Kind, in der einer 4000 Euro und der andere 2200 Euro im Monat verdient, müsste dann jährlich 600 Euro weniger an Steuern zahlen.
Das zusätzliche Geld fließt erst mal anderswo hin, macht dafür aber wieder andere Töpfe frei: Mit dem Überschuss könne Interims-Finanzminister Peter Altmaier (CDU) die Rückerstattung der Kernbrennstoffsteuer von gut sieben Milliarden Euro an die Stromkonzerne und die Kosten für Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro aus den laufenden Einnahmen bestreiten, berichtete das Magazin. Die Flüchtlingsrücklage mit einem Volumen von rund 20 Milliarden Euro bliebe dann auch 2017 unangetastet. Sollten bis Jahresende weitere Mehreinnahmen hinzukommen, solle damit der Gesetzeslage entsprechend die Flüchtlingsrücklage aufgestockt werden.
Was wird aus dem Finanzministerium?
Noch ist unklar, wer in der neuen Legislaturperiode im Finanzministerium über das Geld der Steuerzahler wacht. Falls die FDP das Ministerium bekommt, will die Union ihm offenbar Zuständigkeiten entziehen. Ihre Verhandlungsposition sei, dass das Ministerium dann seine europapolitischen Zuständigkeiten an das dann unionsgeführte Bundeswirtschaftsministerium abtritt, heißt es im „Spiegel“ – schließlich hat FDP-Chef Lindner im Wahlkampf europapolitisch härtere Vorstellungen vertreten als Kanzlerin Angela Merkel. Vertreter Deutschlands in der Euro-Gruppe – also der für die Währungsunion zuständigen Ressortchefs – wäre dann der Wirtschaftsminister.
Alternativ könne das Finanzministerium mit seinen Europa-Zuständigkeiten bei der Union bleiben, die FDP würde dafür ein Wirtschaftsministerium mit alleiniger Zuständigkeit für die Digitalisierung bekommen.