Fleischbesteuerung : Fleisch wird es auch künftig mit Steuerrabatt geben
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Das Bundesfinanzministerium mischt sich in die Diskussion um die Fleischbesteuerung ein: Eine gezielte Verwendung der Einnahmen für mehr Tierwohl ist rechtlich nicht möglich.
Die diesjährige Grillsaison geht in ihre letzte Phase, die Diskussion über eine höhere Besteuerung von Fleisch wird dagegen umso hitziger. Die agrarpolitischen Sprecher von SPD und Grünen sprechen sich dafür aus, den Mehrwertsteuersatz für Fleisch von 7 auf 19 Prozent zu erhöhen. Doch mit diesem Vorschlag stehen sie in Berlin ziemlich allein da. Nicht nur das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium, auch das SPD-geführte Umweltministerium will sich dieser Forderung nicht anschließen.
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte am Mittwoch zwar, dass es mehr Tierwohl nicht kostenlos gebe, betonte aber: „Das Geld muss nicht automatisch aus Steuererhöhungen kommen“, sagte Klöckner. Die Ziele könnten auch anders erreicht werden. Sie verwies auf das geplante staatliche Tierwohllabel, das Verbraucher ermuntern soll, Fleisch aus besseren Haltungsbedingungen zu kaufen, auch wenn dies teurer ist als Fleisch aus Massentierhaltung. Ein Sprecher von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft gebe es bessere Stellschrauben als die Mehrwertsteuer. Als Beispiele nannte er die geplante Verschärfung der Düngeverordnung und die Neuregelung der EU-Agrarsubventionen. Und der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern warnte gegenüber der F.A.Z.: „Eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch ist kontraproduktiv, weil dadurch Fleisch für den Kunden teurer wird. Das führt zu noch mehr Preisdruck auf die Tierhalter, also zu mehr Massentierhaltung und Import aus dem Ausland.“ Hinzu kommt: Am höchsten wären die Preisaufschläge ausgerechnet bei Biofleisch, weil dort der Ausgangspreis schon vergleichsweise hoch ist.
Das Bundesfinanzministerium stellte indes klar, dass es rechtlich gar nicht möglich wäre, die Einnahmen aus einer höheren Mehrwertsteuer für Fleisch gezielt für Klimaschutzmaßnahmen oder mehr Tierwohl auszugeben. Es gelte der Grundsatz der „Gesamtdeckung“. Soll heißen: Alle Steuereinnahmen fließen in einen Topf und aus selbigem für alle Vorhaben wieder heraus. Kritik kam in diesem Zusammenhang auch vom Deutschen Bauernverband. „Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung“, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken.
Die Diskussion über eine höhere Besteuerung von Fleisch flammt seit Jahren immer wieder auf. Das Umweltbundesamt forderte schon im Jahr 2017, den Mehrwertsteuersatz für alle tierischen Produkte anzuheben, neben Fleisch also auch für Milch und Eier. Im Gegenzug soll für Obst und Gemüse, aber auch für öffentliche Verkehrsmittel der Mehrwertsteuersatz gesenkt werden. Die dem Umweltministerium unterstellte Behörde stuft den niedrigen Mehrwertsteuersatz für Fleisch als „umweltschädliche Subvention“ ein und beziffert deren Wert auf 5,2 Milliarden Euro im Jahr.
Doch umstritten ist, inwieweit eine Steuererhöhung den Verbrauchern die Lust aufs Fleisch tatsächlich nehmen würde. Die Landwirtschaftliche Rentenbank geht zwar davon aus, dass der Fleischkonsum in Deutschland mit einer höheren Mehrwertsteuer um 6 Prozent sinken könnte. Sie betont aber auch, dass die Wirkung eines deutschen Alleingangs in der EU kaum zu spüren wäre – und international noch viel weniger.
„Mit einer Steuererhöhung wird der Fleisch-Konsum generell geächtet“, sagte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) der F.A.Z. „Wir halten auch deswegen nichts von Strafaktionen oder Bevormundungen.“ Zurückhaltend äußerte sich auch die Verbraucherorganisation Foodwatch. „Niemand sollte suggerieren, dass eine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch die Probleme in der Nutztierhaltung lösen kann“, hieß es dort. „Die einzig sinnvolle steuerpolitische Maßnahme wäre ein vollständiger Wegfall der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse.“