Kein Geld an Gläubiger : Sri Lanka bedient seine Schulden nicht mehr
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Lange Schlangen vor einer Tankstelle in Colombo Bild: AFP
Die Verschuldung Sri Lankas beläuft sich auf 51 Milliarden Dollar. Nun spitzt sich die Krise zu. Die Familienregierung will jedoch im Amt bleiben und fordert den Internationalen Währungsfonds auf, dem Land unter die Arme zu greifen.
Nach Monaten der Krise hat Sri Lanka am Dienstag seinen wirtschaftlichen Zusammenbruch erklärt. Der Schuldendienst auf die gesamte Verschuldung in Höhe von 51 Milliarden Dollar werde zumindest vorübergehend eingestellt, erklärte der erst vergangene Woche berufene Notenbankgouverneur P. Nandalal Weerasinghe. Alle ausstehenden Zahlungen an die Besitzer von Anleihen, bilaterale Geldgeber und institutionelle Geber wie die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) werden ausgesetzt. Es ist das erste Mal, dass die krisengeschüttelte Insel ihre Gläubiger nicht mehr bedient.
Doch bleibe es das Ziel, die Schulden zu restrukturieren, heißt es einer Erklärung des Finanzministeriums. Es wird seit Ende vergangener Woche von Ali Sabry, dem bisherigen Justizminister und Vertrauten des regierenden Familienclans Rajapaksa geführt. Er hatte sich zunächst geweigert, das überaus fordernde Amt zu übernehmen. Die Verantwortlichen verhandeln nun mit ersten Gläubigern über die nächsten Schritte.
Kaum noch Treibstoff
Aufgrund des Dollarmangels gibt es auf der Insel kaum noch Treibstoff und Strom nur mit enormen Unterbrechungen, importierte Maschinen, Dünger und seit einigen Wochen auch Lebensmittel fehlen, und inzwischen hat der Mangel an Medikamenten dazu geführt, dass staatliche Krankenhäuser seit dem 7. April nicht-lebensnotwendige Operationen aussetzen. Die Inflationsrate liegt bei 20 Prozent, Händler horten Lebensmittel in der Erwartung noch höherer Preise. Die Demonstrationen gegen die Familie Rajapaksa nehmen zu. Sie stellt mit Gotabaya Rajapaksa den immer noch amtierenden Präsidenten und mit seinem älteren Bruder Mahinda auch den Ministerpräsidenten in der ältesten Demokratie Südasiens. Westliche Botschaften stehen davor, Notfallpläne zu aktivieren und zunächst die Angehörigen von Mitarbeitern auszufliegen.
Das Finanzministerium erklärte am Dienstag, der Schritt sei „ein letztes Mittel, um eine weitere Verschlechterung der Finanzlage der Republik zu verhindern." In der Bekanntmachung heißt es weiter: „Es ist nun offensichtlich, dass jede weitere Verzögerung die Gefahr birgt, der Wirtschaft Sri Lankas dauerhaften Schaden zuzufügen und den Inhabern der Auslandsschulden des Landes einen möglicherweise irreversiblen Schaden zuzufügen." Allerdings hat die Partei der Rajapaksas, die die Bürger in die Regierungsverantwortung gewählt hatten, vergangene Woche ihre Mehrheit im Parlament verloren. Allein aufgrund des Rücktritts zahlreicher Minister verzögern sich die Rettungsgespräche mit dem IWF weiter. Sabry hat angekündigt, er wolle am Ostermontag nach Washington fliegen, um dort mit den multilateralen Organisationen in Verhandlungen zu treten. Bislang gibt es nicht mal ausreichend qualifizierte Teilnehmer der für den Staat mit seinen 22 Millionen Menschen überlebenswichtigen Mission, mit Ausnahme von Weerasinghe.
Sofort 3 Milliarden Dollar nötig
Der Notenbankgouverneur bemühte sich am Dienstagmorgen um die Beruhigung der Märkte, die den Zusammenbruch seit Monaten erwarten. „Dies wird nur vorübergehend sein, bis wir eine Einigung mit den Gläubigern und Unterstützung dank eines Programms mit dem IWF erzielt haben", machte er dem Fonds in Washington Druck. „Wir müssen uns auf die wesentlichen Importe konzentrieren und uns nicht um die Bedienung der Auslandsschulden kümmern", fügte er an.
Sri Lanka braucht sofort 3 Milliarden Dollar, um die dringendsten Einfuhren zahlen zu können. Am 18. April werden 36 und 42,2 Millionen Dollar Zinsen für zwei Anleihen fällig, am 25. Juli muss eine weitere mit 1,03 Milliarden Dollar zurückgezahlt werden. Insgesamt sind 2022 mindestens 7 Milliarden Dollar Kredite fällig. Der Wert aller Dollar-Anleihen beläuft sich auf knapp 13 Milliarden Dollar. Ende März lagen die Dollarreserven Sri Lankas aber nur noch bei 1,94 Milliarden Dollar. Die Rupie verlor am Dienstag weitere 0,5 Prozent ihres Wertes auf den Dollar. Der Aktienhandel ist in dieser Woche ausgesetzt. In der vergangenen Woche öffnete die Börse in Colombo aufgrund der Stromausfälle nur zeitweise.