Ungleichheit im Eigentum : Vermögensaufbau für alle – so geht’s
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Land der Eigentümer? Von wegen. Vor allem für Jüngere ist eine Immobilie heute zu oft unerschwinglich. Bild: Imagebroker
Der Aufbau von privatem Eigentum ist gesellschaftlicher Kitt und eine Säule der Sozialen Marktwirtschaft. Die Ampelkoalition sollte mehr tun, um sie zu fördern. Es gibt viele Wege. Ein Gastbeitrag.
Vermögensbildung ist der Elefant im Raum bei den drängendsten gesellschaftspolitischen Debatten und ein weitgehend übersehener Bestandteil der Sozialpolitik. Dabei wäre eine Politik zur Förderung der Vermögensbildung wichtiger denn je. Ob Aktienrente und Altersvorsorge, ob Ungleichheitsdebatte oder Wohneigentum, ob ökonomische Bildung und politische Souveränität, ob Start-up-Förderung und Mitarbeiterkapitalbeteiligung – überall wird der Bedarf für eine gezielte Politik zur Förderung der Vermögensbildung deutlich.
Privateigentum, und die Vermögensbildung als Weg dazu, ist einer der Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft und die „ökonomische Grundlage der Freiheitsentfaltung“, wie der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Jürgen Papier betont. Er sieht in der aktiven „Förderung der privaten Vermögensbildung […] eine Frage verfassungspolitischer Klugheit, aber auch ein wichtiges Ziel und Verfassungsauftrag für die staatliche Eigentumspolitik.“
Nackte Zahlen unterstreichen die Krise
Wie aber steht es um den Aufbau von Vermögen? Trotz der Bedeutung von Eigentum und Vermögensbildung ist die Bestandsaufnahme unbefriedigend. Dies zeigt nicht nur die sich spätestens mit Thomas Pikettys „Kapital im 21. Jahrhundert“ verschärfende Ungleichheitsdebatte. Das zeigen auch einige schlichte Fakten. Als eine der führenden Industrienationen belegt Deutschland laut Allianz-„Global Wealth Report“ beim Pro-Kopf-Geldvermögen abgeschlagen Platz 19 und nimmt im europaweiten Vergleich den vorletzten Platz bei der Wohneigentumsquote ein. Kaum jeder Zweite in Deutschland lebt in den eigenen vier Wänden.
In Berlin beträgt die Wohneigentumsquote gar nur 17 Prozent – und das mehr als 30 Jahre nach der deutschen Einheit und obwohl Artikel 28 der Berliner Landesverfassung die „Bildung von Wohneigentum“ als Staatsziel ausdrücklich vorsieht. Eine geringe Wohneigentumsquote gilt jedoch als einer der wichtigsten Treiber von Ungleichheit. So zeigt sich im EU-Vergleich zum Beispiel auch ein deutlich negatives Zusammenspiel von hoher Vermögenskonzentration und niedriger Wohneigentumsquote.
Auch die Zusammensetzung des Geldvermögens offenbart Handlungsbedarf. Zwar ist die Zahl der Aktionäre in den vergangenen Jahren gestiegen, wie das Deutsche Aktieninstitut belegt. Nach dem Global Wealth Report der Allianz liegt die nominale Rendite des Geldvermögens der Deutschen dennoch auf einem der letzten Plätze. Im Vergleich etwa zu den Niederlanden und Finnland erreicht sie im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre nicht einmal die Hälfte dessen, was dort erzielt wurde.
In Anbetracht des Zinseszinseffektes und des Zeitraums, über den gerade Vermögen für die Altersvorsorge aufgebaut werden muss, ist das geradezu dramatisch niedrig. Nicht zu vergessen: Bleibt die Durchschnittsrendite – wie in der letzten Dekade – bei knapp 3 Prozent und erreicht die EZB ihr Ziel einer Inflation von dauerhaft 2 Prozent, bleibt für Altersvorsorge und Vermögensaufbau kaum etwas übrig. Dabei wurde die steuerliche Belastung, die bei Dividendeneinkommen fast 50 Prozent erreicht, noch nicht berücksichtigt.
Die Deutschen sind Sparfüchse
Die geringe Nominalrendite auf Geldvermögen hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen wächst das Geldvermögen hierzulande unverändert primär durch Spartätigkeit und deutlich weniger durch Kapitaleinkünfte. Die Deutschen arbeiten also für ihr Geld, statt es für sie arbeiten zu lassen. Zum anderen ist die Kapitaldeckung für die Altersvorsorge im Vergleich zu anderen Ländern unterentwickelt. Nach Berechnung der Industrieländerorganisation OECD ist mit mehr als 70 Prozent die gesetzliche Rente die Haupteinkommensquelle im Alter. Einkommen aus kapitalgedeckten betrieblichen wie privaten Renten kommt hingegen nur auf einen Anteil von etwa 15 Prozent, ähnlich hoch wie das Arbeitseinkommen.