Sonnenfinsternis : Droht Deutschland ein Blackout?
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Was macht die Sonne mit dem Strom? Netzbetreiber fürchten für Sonnenfinsternis am Freitag starke Schwankungen Bild: dpa
Die Netzbetreiber in Deutschland und Europa befürchten wegen der Sonnenfinsternis am kommenden Freitag starke Schwankungen im Stromnetz. Das Naturschauspiel gilt als Test für die künftige Energieversorgung.
Im Altertum galt eine Sonnenfinsternis als Vorbote des Grauens. „Denn siehe, des Herrn Tag kommt grausam, zornig, grimmig, das Land zu verstören. (...) die Sonne geht finster auf, und der Mond scheint dunkel“, warnt der Prophet Jesaja im Alten Testament. Vor dem Weltuntergang fürchtet sich der aufgeklärte Mensch des 21. Jahrhunderts nicht mehr, nur weil der Mond sich vor die Sonne schiebt - allein, der moderne Mensch ängstigt sich vor einem Stromausfall, weil Solaranlagen dann keine Elektrizität mehr produzieren.
Damit es so weit nicht kommt bei der nächsten Sonnenfinsternis am 20. März, beraten europaweit Netzbetreiber über die Versorgungssicherheit. In den nächsten Tagen will ihr europäischer Verband, Entso-E, einen Maßnahmenkatalog vorlegen. „Wenn es überall wolkenlos wäre und man dann sieht, um wie viel und wie schnell sich die Photovoltaik-Stromerzeugung verringern und später wieder ansteigen könnte, da schluckt man schon ein bisschen“, sagt Geschäftsführer Konstantin Staschus. Aber man habe sich vorbereitet: „Es sollte dann alles gut laufen.“ In Deutschland klären die Netzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und Transnet-BW mit der Bundesnetzagentur die Lage. Für „insgesamt beherrschbar“ hält sie das Wirtschaftsministerium.
„Herausforderung für die Netzbetreiber“
Und doch macht sich eine gewisse Nervosität breit. „Das wird eine Herausforderung für die Netzbetreiber“, heißt es beim Energiekonzern Eon. Auch die Bundesnetzagentur sieht eine „besondere Herausforderung an das Netz“. Netzbetreiber wie Tennet, mit dem größten Netz und den meisten PV-Anlagen in Deutschland, haben vorsorglich Urlaubssperren verhängt. Schichten für die Leitstellen werden doppelt und dreifach besetzt, damit das diesjährige Frühlingserwachen nicht böse endet.
Der Zusammenhang ist schnell erklärt: In Europa und vor allem in Deutschland spielt die Elektrizitätserzeugung durch Photovoltaikanlagen (PV) eine immer größere Rolle. Mit 39 000 Megawatt Leistung ist etwa die Hälfte der europaweit installierten PV-Kapazität auf Dächer und Freiflächen zwischen Nordsee und den Alpen geschraubt. Theoretisch reicht das, die größte Stromnachfrage in Deutschland zur Hälfte zu decken. Nur wird das zum Problem werden, wenn die Erzeugung plötzlich ausfällt. „Die Folgen der Sonnenfinsternis betreffen nicht nur Deutschland, sondern auch Italien, Frankreich und die Beneluxstaaten“, sagt Staschus.
Wenn die Sonne plötzlich wegbleibt und die Solarstromerzeugung einbricht, müssen schnell Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen, die für Stabilität im Netz sorgen. Das gilt auch für den entgegengesetzten Fall: Fahren die Solaranlagen in kurzer Zeit von null auf hundert wieder hoch, müssen andere Kraftwerke in ebenso kurzer Zeit abgeschaltet werden, damit nicht zu viel Strom im Netz ist. „Es gibt Studien, die rechnen mit Schwankungen von 9000 Megawatt im Viertelstundentakt“, sagt eine Sprecherin der Netzagentur. Das entspricht der Leistung von sieben oder acht Kernkraftwerken. Ein Problem sei das Ende der Sonnenfinsternis, „wenn in kurzer Zeit eine große Menge Sonnenstrom ans Netz geht“. Die Solaranlagen kurzzeitig stilllegen geht auch nicht so einfach: Erstens hat ihr Strom per Gesetz Vorfahrt ins Netz, zweitens ist bei vielen Kleinanlagen eine externe Steuerung gar nicht möglich.