https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/sonnenfinsternis-droht-deutschland-ein-blackout-13485128.html

Sonnenfinsternis : Droht Deutschland ein Blackout?

  • -Aktualisiert am

Was macht die Sonne mit dem Strom? Netzbetreiber fürchten für Sonnenfinsternis am Freitag starke Schwankungen Bild: dpa

Die Netzbetreiber in Deutschland und Europa befürchten wegen der Sonnenfinsternis am kommenden Freitag starke Schwankungen im Stromnetz. Das Naturschauspiel gilt als Test für die künftige Energieversorgung.

          4 Min.

          Im Altertum galt eine Sonnenfinsternis als Vorbote des Grauens. „Denn siehe, des Herrn Tag kommt grausam, zornig, grimmig, das Land zu verstören. (...) die Sonne geht finster auf, und der Mond scheint dunkel“, warnt der Prophet Jesaja im Alten Testament. Vor dem Weltuntergang fürchtet sich der aufgeklärte Mensch des 21. Jahrhunderts nicht mehr, nur weil der Mond sich vor die Sonne schiebt - allein, der moderne Mensch ängstigt sich vor einem Stromausfall, weil Solaranlagen dann keine Elektrizität mehr produzieren.

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

          Damit es so weit nicht kommt bei der nächsten Sonnenfinsternis am 20. März, beraten europaweit Netzbetreiber über die Versorgungssicherheit. In den nächsten Tagen will ihr europäischer Verband, Entso-E, einen Maßnahmenkatalog vorlegen. „Wenn es überall wolkenlos wäre und man dann sieht, um wie viel und wie schnell sich die Photovoltaik-Stromerzeugung verringern und später wieder ansteigen könnte, da schluckt man schon ein bisschen“, sagt Geschäftsführer Konstantin Staschus. Aber man habe sich vorbereitet: „Es sollte dann alles gut laufen.“ In Deutschland klären die Netzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und Transnet-BW mit der Bundesnetzagentur die Lage. Für „insgesamt beherrschbar“ hält sie das Wirtschaftsministerium.

          „Herausforderung für die Netzbetreiber“

          Und doch macht sich eine gewisse Nervosität breit. „Das wird eine Herausforderung für die Netzbetreiber“, heißt es beim Energiekonzern Eon. Auch die Bundesnetzagentur sieht eine „besondere Herausforderung an das Netz“. Netzbetreiber wie Tennet, mit dem größten Netz und den meisten PV-Anlagen in Deutschland, haben vorsorglich Urlaubssperren verhängt. Schichten für die Leitstellen werden doppelt und dreifach besetzt, damit das diesjährige Frühlingserwachen nicht böse endet.

          Der Zusammenhang ist schnell erklärt: In Europa und vor allem in Deutschland spielt die Elektrizitätserzeugung durch Photovoltaikanlagen (PV) eine immer größere Rolle. Mit 39 000 Megawatt Leistung ist etwa die Hälfte der europaweit installierten PV-Kapazität auf Dächer und Freiflächen zwischen Nordsee und den Alpen geschraubt. Theoretisch reicht das, die größte Stromnachfrage in Deutschland zur Hälfte zu decken. Nur wird das zum Problem werden, wenn die Erzeugung plötzlich ausfällt. „Die Folgen der Sonnenfinsternis betreffen nicht nur Deutschland, sondern auch Italien, Frankreich und die Beneluxstaaten“, sagt Staschus.

          Wenn die Sonne plötzlich wegbleibt und die Solarstromerzeugung einbricht, müssen schnell Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen, die für Stabilität im Netz sorgen. Das gilt auch für den entgegengesetzten Fall: Fahren die Solaranlagen in kurzer Zeit von null auf hundert wieder hoch, müssen andere Kraftwerke in ebenso kurzer Zeit abgeschaltet werden, damit nicht zu viel Strom im Netz ist. „Es gibt Studien, die rechnen mit Schwankungen von 9000 Megawatt im Viertelstundentakt“, sagt eine Sprecherin der Netzagentur. Das entspricht der Leistung von sieben oder acht Kernkraftwerken. Ein Problem sei das Ende der Sonnenfinsternis, „wenn in kurzer Zeit eine große Menge Sonnenstrom ans Netz geht“. Die Solaranlagen kurzzeitig stilllegen geht auch nicht so einfach: Erstens hat ihr Strom per Gesetz Vorfahrt ins Netz, zweitens ist bei vielen Kleinanlagen eine externe Steuerung gar nicht möglich.

          Weitere Themen

          Stellungskrieg im Leipziger Süden

          Am „Tag X“ : Stellungskrieg im Leipziger Süden

          Am lange angekündigten „Tag X“ kommt es zum Stellungskrieg zwischen Polizei und Linksradikalen – rund 1500 Menschen versammeln sich in Leipzig. Eine richtige Demonstration ist es aber nicht.

          Topmeldungen

          Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky (Mitte), mit seinen Mitarbeitern auf dem Weg zum Hessischen Landesarbeitsgericht 2021

          Chef der Lokführergewerkschaft : Und jetzt kommt Weselsky

          Die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahnergewerkschaft EVG verlaufen ungewohnt chaotisch. Jetzt tritt auch noch der Konkurrent von den Lokführern auf den Plan. Bahnkunden drohen schwere Zeiten.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.