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Schuldenkrise : Debatte über Euroanleihen wieder aufgeflammt

José Manuel Barroso

José Manuel Barroso Bild: REUTERS

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso treibt seine Planungen für gemeinsame europäische Staatsanleihen voran. Am Mittwoch will er drei Varianten für die Einführung von sogenannten Euro-Bonds vorlegen.

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          Im Euroraum ist die lange schwelende Diskussion über den Sinn gemeinschaftlich begebener Staatsanleihen (Eurobonds) neu ausgebrochen. Der Anlass ist ein Optionenpapier („Grünbuch“), das EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch vorlegen wird. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung teile „den Glauben vieler“ nicht, dass Eurobonds „eine Art Allheilmittel für die Krise wären“. Es bestehe vielmehr die Gefahr, „dass solche Eurobonds davon ablenken könnten, an die Wurzel des Übels zu gehen“, sagte Seibert.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, sagte dagegen in Mainz, man solle die Gemeinschaftsanleihen auf ihre Vorteile prüfen und sie nicht „von vornherein zu einem Unding erklären“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der französische Präsident Nicolas Sarkozy, Barroso und der italienische Ministerpräsident Mario Monti treffen am Donnerstag in Straßburg zusammen, um die Vorschläge zu diskutieren. Monti hat Eurobonds schon mehrfach vorgeschlagen.

          Die EU-Kommission spricht in ihrem Papier von „Stabilitäts-Anleihen“. Sie will damit offenbar die in Deutschland als Reizwort geltende Vokabel „Eurobonds“ vermeiden und den Eindruck vermitteln, das Gemeinschaftsinstrument könne - wie der Krisenfonds EFSF - zur „Finanzstabilität im Euroraum“ beitragen. Die EU-Behörde betont auch, dass sie mit dem Grünbuch lediglich eine ergebnisoffene Diskussion anstoßen wolle.

          Alle drei in dem Papier genannten Optionen stoßen allerdings auf Widerstand aus Deutschland, weil sie in unterschiedlichem Maße eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden bedeuteten. Zwei der drei Optionen erfordern eine Änderung der EU-Verträge, also eine Abschaffung von Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Dieser Artikel verbietet die gemeinschaftliche Haftung für staatliche Verbindlichkeiten („Bail-Out-Verbot“).

          Drei Optionen

          In der ersten und am weitesten gehenden Option schlägt die Kommission vor, nationale Staatsanleihen vollständig durch die gemeinsamen „Stabilitätsanleihen“ zu ersetzen. Die komplette Staatsfinanzierung des Euroraums würde damit auf die Eurobonds umgestellt. Dafür wäre die Schaffung einer gemeinsamen Schuldenagentur notwendig. Die Euro-Staaten würden gemeinsam dafür haften. Die Kommission räumt ein, dass diese Option das größte Risiko berge, dass sich Staaten mit hohen Schulden und Haushaltsdefiziten auf Kosten besser wirtschaftender Länder finanzieren würden. Deshalb müsse diese Option verknüpft werden mit einem „sehr robusten Rahmen“ für die Haushaltsaufsicht. Ohne diesen Rahmen werde die Option kaum auf Zustimmung in etlichen Mitgliedstaaten stoßen, heißt es in dem Papier.

          Die zweite Option erforderte ebenfalls eine Vertragsänderung. In dieser Version würde nur ein Teil der Anleihen gemeinschaftlich begeben, ein anderer Teil bliebe in nationaler Verantwortung. Zur Aufteilung nennt die Kommission verschiedene Möglichkeiten. Als eine von mehreren Optionen spielt in diesem Zusammenhang eine vom deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgebrachte Idee eine Rolle. Die Wirtschaftsweisen hatten einen „Schuldentilgungsfonds“ vorgeschlagen, in dem sämtliche Schulden der Euro-Staaten zusammengefasst werden, die über dem Maastrichter Referenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Alle betroffenen Euro-Staaten müssten ihren Schuldenanteil am Fonds langfristig - über 20 bis 25 Jahre - wieder abtragen.

          Die dritte Option wären Gemeinschaftsanleihen mit anteiliger Haftung. Zu den Kosten für die Bestnoten-Länder nimmt die Kommission in dem Papier selbst nicht Stellung. Sie verweist nur auf andere Studien, die für Deutschland auf einen Aufschlag von 0,5 bis 2,0 Prozentpunkte bei zehnjährigen Staatsanleihen kommen.

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